
Acapulco
Now LP
Killroom Records
Die Band Acapulco Lips aus Seattle meldet sich mit Now zurück – einem energiegeladenen, fuzzgetränkten und selbstbewusst-sonnenverbrannten Longplayer, digital ab dem 14. Juli und als Vinyl ab dem
18. Juli via Killroom Records erhältlich. Der charakteristische Soundmix aus Psychedelic, Surf und Garage-Rock bekommt hier ein frisches Update:
dickere Grooves, schärfere Hooks, mehr Biss. Seit über zehn Jahren ist die Band ein fester Bestandteil der Undergroundszene im pazifischen Nordwesten – mit einer Ästhetik, die
60s-Girlgroup-Charme mit übersteuerten Gitarren und Hall-getränkter Wildheit verbindet. Doch Now klingt nicht reifer oder sanfter – es klingt entschlossener. Und es bohrt tiefer denn je in
emotionale Schichten.
Von der benebelten Psych-Wolke “Fuzzy Sunshine” bis zum nervösen Puls von “The Flim-Flam”: Dieses Album knistert vor Unruhe und cooler Rücksichtslosigkeit. Im Zentrum stehen wie immer die Vocals
von Maria-Elena Herrell – zwischen sehnsüchtig und süß – getragen von ihren melodisch tänzelnden Basslinien. Gitarrist Christopher Garland streut gekonnt Drones und Tremolo-Attacken ein, während
Jordan T Adams am Schlagzeug für Punch sorgt und Stefan Rubicz mit seinen Keys nostalgische Akzente setzt.
Doch unter dem ganzen Glitzern und Fuzz liegt eine stille Auseinandersetzung mit der Zeit: wie sie vergeht, verrinnt, verloren geht. „Fast jeder Song auf Now dreht sich irgendwie um das Thema
Zeit“, sagt Herrell. Diese Dringlichkeit spürt man in Tracks wie “Everyday”, einer frustrierten Bestandsaufnahme ewiger Wiederholungen, oder in “Slowly Disappearing”, einem stillen Abschiedslied
für Menschen und Orte, die verschwinden. Inspiriert von Fotos des inzwischen verlassenen Krankenhauses, in dem Herrell geboren wurde, fängt der Song den Prozess des Verblassens ein – persönlich
wie kollektiv.
Produziert von Ben Jenkins und Troy Nelson in deren Studio in Georgetown, abgemischt vom Punk-Veteranen Kurt Bloch, verströmt das Album warme, analoge Energie. Vor allem in Highlights wie
“Welcome to the Other Side”, das wie eine psychedelische Einladung wirkt, oder “Pas d’échappatoire”, einer surrealen Abzweigung ins Französische. Die Liebe der Band zum Garage-Psych-Erbe ist
hörbar – aber nie rückwärtsgewandt. Das hier ist Gegenwartsmusik von Leuten, die wissen, woher sie kommen, und die genau wissen, wie man alles neu aufrollt.
Mit Now gelingt Acapulco Lips ein Spagat zwischen Zeitreise und Jetztzustand. Das Album lebt von seiner unbändigen Energie, aber auch von der reflektierten Tiefe, die es durchzieht. Es ist nicht
nur eine Hommage an psychedelische Ästhetik und Garage-Rock – es ist eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Vergänglichkeit, mit Wiederholung, mit dem Wunsch, präsent zu bleiben in einer Welt,
die sich ständig auflöst.
Klanglich bleibt die Band ihrer Linie treu: Es röhrt, rauscht und schimmert. Doch der entscheidende Unterschied liegt in der Haltung. Now ist kein Retro-Trip – es ist ein Statement. Ein Album für
alle, die Rockmusik nicht als Nostalgieprodukt, sondern als Ausdruck gegenwärtiger Gefühle verstehen: wild, unsicher, verletzlich, laut.
Now ist der bisher stärkste Wurf von Acapulco Lips – roh, schön, bewusst und wütend zugleich. Wer mit Bands wie Shannon and the Clams, Thee Oh Sees oder Jefferson Airplane etwas anfangen kann,
sollte hier genau hinhören.