TRADE WIND kommen auf Tour!

TRADE WIND
TRADE WIND

Der Passat, im englischen trade wind genannt, ist nicht gerade für sein ungestümes Temperament bekannt. Umso zentraler für seine Bedeutung ist seine Beständigkeit und die Tatsache, dass ein hart am Passatwind segelnder Kapitän sein Ziel schneller als alle anderen erreicht. Einen passenderen Bandnamen hätten sich Trade Wind also kaum aussuchen können. Denn wo sich die einzelnen über ganz Nordamerika verstreuten Mitglieder in ihren Hauptbands Stick To Your Guns, Stray From The Path und Structures eher an zähnefletschendem Hardcore versuchen, setzt die Allstar-Band mit ihrem Debütalbum „You Make Everything Disappear“ eher auf die Vorsilbe „Post“ und einen konstanten musikalischen Flow statt kurzatmige Ausbrüche. Temperamentvolle Wut weicht darauf raumgreifenden Soundlandschaften, fein ziselierten Melodien und einer gefühlvollen Melancholie, die auf den Gefühlstumult nach dem Ende der letzten Beziehung von Sänger und Gitarrist Jesse Barnett zurückgeht.

Dabei hätte es diese Posthardcore-Perle, die nicht nur alphabetisch, sondern auch musikalisch in der Nachbarschaft von Bands wie Thursday und Thrice wohl fühlt, beinahe nicht gegeben. „Die Idee zu TRADE WIND entstand schon 2011, als wir mit Toms Band Stray From The Path auf Tour waren“, erzählt Barnett, der sich normalerweise bei Stick To Your Guns den Frust von der Seele schreit. „Es sollte nie mehr sein als unser kleines privates Projekt. Weil wir an entgegengesetzten Ecken des Kontinents wohnen, fand das Songwriting fast komplett per Mail statt.“ Was für andere Bands zum Stolperstein werden kann, gerät für das Allstar-Projekt, an dem neben Barnett und Tom Williams noch Schlagzeuger Andrew McEnany von Structures aus Toronto und der eigentlich in als Produzent tätige Randy LeBoeuf am Bass mitwirken, zum Vorteil. Nach der ersten EP „Suffer Just To Believe“, die in der Blogosphäre mit Reviews bei renommierten Online-Magazinen wie Substream und Under The Gun bereits kleinere Wellen schlägt, und einer Reihe Shows im Januar 2015 findet sich die Band Anfang 2016 in LeBoeufs Studio in New Jersey zusammen, um „You Make Everything Disappear“ innerhalb von nur vier Tagen komplett einzuspielen – der intensiven Online-Vorbereitung sei Dank.

you make everything disappear
you make everything disappear

Das Ergebnis dürfte vor allem Fans der angepissten Hauptbands der einzelnen Mitglieder überraschen. Zwar bringt beispielsweise der Opener „I Hope I Don’t Wake Up“ noch den gewohnten Drive und die unterschwellige Aggressivität mit, die Stick To Your Guns und Stray From The Path ausmachen und mit denen die Band auch auf ihrer ersten EP punkten konnte. An Stelle von wuchtigen Shouts und druckvollen Riffs treten hier allerdings Gitarrenmelodien, die sich zu gleichen Teilen aus Posthardcore, Postrock und Alternative Rock speisen und ein atmosphärisches Netz spinnen, das den hochmelodischen Gesang von Barnett passgenau umschließt. „Wir wollten diesen Song aus verschiedenen Gründen als erstes veröffentlichen“, erklärt Barnett. „Wir mögen die Power des Songs, es ist ein großer, offen angelegter, von Gefühlen durchzogener Track. Das ist für uns beinahe das wichtigste. Zudem ist es der Song, der unserer EP noch am ehesten ähnelt. Auf der neuen Platte probieren wir viele Dinge, die ganz anders sind als auf unserem ersten Release, wir dachten also, dass sich die Leute, die schon Fans unserer Band sind, mit diesem Track am besten identifizieren und ihren Geist für das öffnen könnten, was wir auf der Platte versuchen, dass sie also mit uns gemeinsam auf die musikalische Reise gehen.“

 
Dass diese Reise nicht an flächigem Posthardcore endet, zeigt schon der Folgesong „Lowest Form“, der elektronische Drum-Samples an düster-grungige Gitarrenriffs und Barnetts sphärischen Gesang knüpft, bevor sich der Chorus in Richung frickeligen Postrock öffnet – eine musikalische Mischung, die der Band gut zu Gesicht steht. Selbst wenn sich Trade Wind an einer gefühlvollen Pianoballade wie „Untitled“ oder elektronischerem Alternative-Pop versuchen, und auf dem pulsierenden „Grey Light“ Kopfstimme, Akustikgitarre und Drumcomputer mischen und damit an Bands wie The Temper Trap erinnern, wirkt es nicht wie ein gezwungener Exkurs außerhalb der musikalischen Komfortzone der Band, sondern wie eine natürliche Entwicklung und ein willkommener Gegenpol zum sonstigen Output der Mitglieder der Band – ohne Vorbehalte und ohne künstliche Einschränkungen. „Wir haben zuerst einen Fehler gemacht, den viele Bands machen und überlegt ‚Okay, was würden Trade Wind jetzt machen?‘ Das war für uns ziemlich schwierig. Also dachten wir uns ‚Scheiß drauf‘ und haben das geschrieben, was aus uns heraus musste. Es sollte nicht bewusst in eine bestimmte Richtung gehen, es war ein natürlicher Prozess, beinahe eine spirituelle Erfahrung. Wir sind so eine junge Band mit nur einer EP, es war also nicht zu spät, zu experimentieren.“  Auch textlich experimentieren die Musiker mit einem übergreifenden Konzept und blicken über den Standard-Hardcore-Tellerrand hinaus. „You Make Everything Disappear“ ist musikalische Katharsis in Form der Verarbeitung einer gescheiterten Beziehung und Barnetts Weg, mit seiner Vergangenheit ins Reine zu kommen. „Das Album erzählt die Geschichte von allem, was ein Mensch fühlen kann wenn er etwas verliert, das er von ganzem Herzen liebt“, so Barnett. „Wenn er gefangen ist zwischen zwei Dingen, die ihn glücklich machen und die ihm beide alles abverlangen. Manchmal muss man sich davon abwenden, auch wenn es einem schwerfällt.“

 
Das ins Albumformat gegossene Ergebnis ist der beste Beweis dafür, dass es sich immer lohnen kann, eigene und fremde Erwartungen über Bord zu werfen und sich mit leichter Ladung dort hin tragen zu lassen, wohin einen der Wind treibt. Trade Wind haben die Transformation von einer noch deutlicher vom Hardcore beeinflussten Band auf „Suffer Just To Believe“ hin zu einem musikalischen Kollektiv vollendet, das sich nicht vor dem Beschreiten neuer Wege scheut und sich die frische Brise nicht nur um die Nase wehen lässt, sondern aus eigenem Antrieb für ordentlich Schub sorgt – beständig und die Augen stets auf das Ziel gerichtet.

„You Make Everything Disappear“ erscheint am 15. Juli via End Hits Records in diversen Vinylfarben und Varianten. Alle Infos finden sich auf www.youmakeeverythingdisappear.com/

Live:

04.10. Berlin - Cassiopeia
05.10. Hamburg - Hafenklang
06.10. Köln - MTC
09.10. München - Feierwerk
10.10. CH - Aarau - Kiff
11.10. Karlsruhe - Alte Hackerei

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