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NATHAN GRAY - Rebel Songs

FOTO CREDIT: Becky Fountaine
FOTO CREDIT: Becky Fountaine

Es reicht nicht mehr, nur noch mit sich selbst zu kämpfen. Auf seinem dritten Soloalbum klingt Boysetsfire-Sänger Nathan Gray so politisch wie seit den allerersten Platten seiner Band nicht mehr und erkennt dabei gleichzeitig, dass kein Protest ohne die Menschen dahinter auskommt.

„Rebel Songs“ verwandelt diese Erkenntnis in zwölf Tracks voller Wandelbarkeit, die nicht nur durch ihren textlichen Charakter eine Aufbruchsstimmung verbreiten, sondern auch durch die Mitwirkung zahlreicher Gäste ein Wir-Gefühl stärker denn je vermitteln – allen voran im Titeltrack, bei dem Tim McIlrath von Rise Against mitwirkt. Gray flechtet zudem weitere spannende Kollaborateure auf einer Platte ein, die immer wieder für den Sänger ungewöhnlich zackige Einflüsse von Ur-Punk-Heroen wie The Clash oder Heartland-Rock im Stile von The Hold Steady aufkommen lässt und dabei gleichzeitig viele neue Experimente ganz abseits jeglicher liebgewonnener Strukturen wagt.

FOTO CREDIT: Becky Fountaine
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Um die Vorgeschichte zu „Rebel Songs“ zu erzählen, muss man im Grunde einen Bogen über die gesamte, mehrere Jahrzehnte umfassende Diskographie des Sängers schlagen. Als Boysetsfire in den 90ern ihre ersten Songs veröffentlichen, verleiht Nathan Gray darauf seiner politischen Wut Ausdruck und spricht in Interviews oft über linke Politik und Kommunismus. Mit der Zeit jedoch wandelt sich das Bild. Die Songs des Sängers werden introspektiver und beschäftigen sich mit inneren Kämpfen – auch auf seinen jüngsten Solo-Platten. „Es ist kein Geheimnis, dass ich schon immer ein Mensch war, der sehr leidenschaftlich mit Politik war und wie sie die Welt beeinflusst“, reflektiert Gray seinen eigenen Werdegang als Mensch und Musiker. „Aber es kam eine Zeit in meinem Leben, an der es wichtig für mich war, zu stoppen und mich mit meinen eigenen Dämonen, meinen Herzenskummer und meinem Wachstum zu beschäftigen. Diese Dinge waren erschlagend und ich musste an ihnen arbeiten, um wieder in größeren Dimensionen denken und handeln zu können. Als sich der Nebel ein wenig lichtete, war ich bereit für den nächsten Schritt. Ich wusste nur noch nicht genau, worin der lag.“

Gray hat diesen Schritt schließlich in einer Platte gefunden, die den Sänger politisch wie lange nicht mehr zeigt und gleichzeitig ganz persönliche Gefühle von Solidarität, Zusammenhalt und Reflektion in die Gleichung miteinbezieht. „Rebel Songs“ ist daher ein Album, das sich wie ein Querschnitt durch die gesamte Geschichte des Boysetsfire-Sängers zieht und auch einen Bogen zur aktuellen Weltlage schlägt. „Als die Pandemie einschlug, wurde es auf einmal sehr offensichtlich, dass alles Politische sehr persönlich ist“, meint Gray. „Wir alle erlebten dieses globale Ereignis gleichzeitig, aber auf sehr unterschiedliche Art und Weise, oftmals separiert durch politische Neigungen. Es beeinflusste, wie ernst Menschen das Virus nahmen, ob die Leute Masken trugen, ob Schulen geschlossen wurden oder ob man finanzielle Unterstützung bekam, um sich von einem Jahr Arbeitslosigkeit zu erholen. Die Pandemie zeigte, wie unglaublich unterversorgt bestimmte Gruppen sind – Frauen, People of Color, die untere und die mittlere Schicht, Obdachlose, die LGBTQIA+-Menschen. Jeden Tag sahen wir, wie sie in gefährlich verletzliche Situationen geführt wurden und es brach mein Herz, die Spaltung der Menschen zu sehen.“


n den Songs des neuen Albums wird dieses Gefühl auch durch zahlreiche Kollaborationen ausgedrückt, die den Sound von Nathan Gray teils grundlegend verändern. Erst jüngst hatte der Sänger unter dem Titel „Nathan & Friends“ eine Reihe an Singles mit verschiedensten Bands und Künstlern angezettelt, auf seinem neuen Album setzt sich dieser neue Hang zur Horizonterweiterung nun fort. In der ersten Single und dem Titeltrack „Rebel Songs“ ist kein Geringerer als Tim McIlrath von Rise Against zu hören, der dem aufstrebenden und einenden Melodic-Punksong mit seiner markanten Stimme beiwohnt. In „Look Alive“ hat Gray mit Eugenius sogar einen Rapper dabei, der sich erstaunlich natürlich in der vielfältigen Klanglandschaft des Albums anfühlt sowie sein Label-Mate Matze Rossi im Song „Million“.

Produziert wurde die Platte von Brian McTernan, der mit seinen Bands wie Battery und Be Well Hardcore-Geschichte schrieb. Obendrein wurden für „Rebel Songs“ zwei Remixe aufgenommen, die Grays Musik in bisher völlig unbekanntem Licht zeigen: Jaya The Cat haben aus besagtem „Look Alive“ einen groovigen Dub-Song gezaubert und die Münchener Soft-Grunge-Künstlerin Elena Rud hat „Grace“ ein großes Stück Orchestration und Melancholie verliehen.

„Rebel Songs“ kleidet all diese Experimente, Zusammenarbeiten und Neuansätze aber vor allem in eine Platte, auf der Nathan Gray so sehr im Punk verwurzelt klingt wie selten und auf der der Sänger nicht nur wie auf dem Cover stimmungsvoll die Faust hebt, sondern gleichzeitig die Arme für eine bessere Welt öffnet. „Ich will daran erinnern, dass in uns allen noch Kampf steckt, und dass die Menschen die Maschine antreiben können“, reflektiert Gray. „Gemeinschaft ist kraftvoller als alles andere. Der Antrieb, diese Gemeinschaft besser zu machen, sollte es sein, worum es in Politik geht.“

https://www.instagram.com/nathangraymusic
https://endhitsrecords.com/

 

NATHAN GRAY

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