HUMAN PARASIT #7

HUMAN PARASIT #7
HUMAN PARASIT #7

HUMAN PARASIT #7
80 DIN-A-5-Seiten; 2,50.-
humanparasit@web.de
Bäppi hat den passenden Deckel zum Topf gefunden. Fortan probieren er und Ina vegetarische Rezepte aus und bewerben sich für "Das perfekte Promi-Punk-Dinner". Bäppi zieht im Schmetterlingsflug von Mönchengladbach nach Eisenhüttenstadt. Der glücklichste Moment in seinem Leben (der Kuss, die Liebe) war aber gekennzeichnet durch Schüchternheit ("versteckte mich unter meiner Kapuze"), Sprachlosigkeit ("Irgendwie verkrampft und nicht so einfach wie am Telefon") und Schusseligkeit ("Außer Bionade keine Telefonnummer von Ina").

 Heuer hören beide "Kein Tag ohne Liebe" (NEUROTIC ARSEHOLES) und schauen die gesamte Staffel der Traumhochzeit (Mein RTL) auf DVD. Zwischendurch hat Bäppi aber sein Kinderzimmer zerstört, eine Kiste Bionade gekauft und die (Fanzine-)Welt erobert. Beflügelt vom privaten Emo-Core hat Bäppi mithilfe einiger Mitschreiber einen neuen Parasiten aus dem After geschieden, dass die Punk-Wissenschaft Kopf steht und verzweifelt nach einem Anti-Virus forscht. Grund dafür ist die Vielfältigkeit, die der H.P. inhaltlich streut und es schwer macht, ihn zu bändigen. Bäppi hat gut daran getan, einige Umfragen zu starten (MySpace, Diskussion über Sinn/Unsinn von Tonträger-Rezis) und serviert die Ergebnisse, ohne Gefahr zu laufen, mit einer allmächtigen Antwort von der Szene-Polizei gelyncht zu werden. Es gibt einen inhaltlichen Schwerpunkt, der sich mit Punk&Porno beschäftigt. Mir ist dabei nicht ganz klar, ob das mit Temper (Suicide Girl) und Rob Rotten (Punx Productlon) geführte Interview von Bäppi stammt oder er sich dieses entliehen hat. Bei dem Thema ist eine Kontroverse zwischen P.C. Hardlinern - die grundsätzlich bei dem Begriff Porno Amok Iaufen - und LOKALMATADORE-Fans - die außer "PiIIemann, Fotze, Arsch" keinen vernünftigen Satz mehr über die Lippen bekommen, wenn "La Notte" läuft (außer vielleicht "Bück dich Fee, die Sportschau fängt an!") - vorprogrammiert. Auch hier beginnt Bäppi nach einer kleinen verbalen Einführung (stöhn) mit einer Umfrage (Erfahrungen, typischer Pornokonsument) und outet sich selbst als sexuell aufgeklärten Spätzünder. Der von Mutter Natur berufene Fickminister Sir Fichli sorgt im Ruhrgebiet allein für die Befriedigung der weiblichen Bevölkerung. Der Quantensprung zwischen erotische Selbstdarstellung (Suicide Girls) und kommerzielle Pornoproduktionen (Punx Production) bleibt leider von Bäppi unkommentiert. So reiht er zwar einige Projekte auf und stellt diese vor, vermeidet aber eine Positionierung und greift keine Argumente auf, die Pornographie so gefährlich macht: Die Produkte der Herren Kool Savas („Ficksau, ich bums dich in die Klinik“) oder King Orgasmus One („Ich stoß meine Faust in dein Bauch bis du platzt“) gelten als Provokation und Befreiungsschlag gegen Spießer und Privilegierte, für die linken Herren folglich als sakrosankt. Bemerkenswert ist allerdings, dass der Diskurs vom „minoritären Sprechen“ und der „dialogisch konstruierten Kunstform“ just in dem Moment ad acta gelegt wird, wo sich der „testosterongetriebene Spaß“ nicht gegen Frauen richtet, sondern zum Beispiel gegen schwule Männer. In dem Report fehlen viele Aspekte und ich hätte mir eine detaillierte Form im Umgang mit Sexualität und Pornographie gewünscht (§130, Jugendschutz...).

Gesamteindruck: Der H.P. ist ein optischer Leckerbissen geworden. no doubt. Die inhaltliche Mixtur aus persönlichen Geschichten aus Kindheitstagen, Umfragen und Erlebnisberichten ist Bäppi's Stärke. Die wenigen Musikband-Intis (SPASTIX, SNIPER ALLEY) sind gut geführt und kurzweilig. Jetzt fehlt nur noch das nötige Selbstbewusstsein, den nächsten erblickten Nazi des Platzes zu verweisen, ohne Angst vor Konsequenzen zu haben. Aber mit dem Schmetterling im Bauch, dem Wind im Rücken und der angekündigten Parasiten-Invasion wird das Vorhaben wohl funktionieren. Bäppi, schön, dass du "back on the map" bist!

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