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THE NIKOTEENS

Die NIKOTEENS gründeten sich als Trio Mitte 1979. Im März 1981 wurden in Berlin die ersten Tonaufnahmen gemacht, welche für den "Soundtracks zum Untergang" Sampler gedacht waren. Der Produzent hatte jedoch ein Problem mit dem Song "Bomben über Russland", so dass die Bänder abgekauft wurden und die legendäre erste EP in Eigenproduktion entstand. Man stockte auf einen 4. Mann auf und veröffentlichte 1983 die Hardcore-Meilenstein-LP "Aloah-Oehh". Das legendäre "Skateboard Tape" durchbrach dann 1984 die Geschwindigkeits-Schallmauer. Die 2. LP "Hardcore Holocaust" folgte 1986. Danach zerbrach die Band.

Mit neuen Leuten machte der Drummer noch eine zeitlang als NIKOTEENS weiter. Diese Formation veröffentlichte dann noch den damaligen Underground-Hit "Leader of the Rotten Corpse" auf einem Single-Sampler. Ende der 80er wurde die Band dann in "SHOTGUN" umbenannt.
2002 wurden die NIKOTEENS in einem großen Sauerstoff-Zelt von einen verrückten Wissenschaftler wiederbelebt. Seitdem spielten sie wieder als Trio diverse Gigs u.a. mit LURKERS, PARTISANS, OHL, RAZORS, ASTA KASK, BÖSLINGE usw. Durch die äußerst positive Resonanz von alten sowie neuen Fans wurde die Band stark motiviert. Weihnachten 2007 ging man dann ins Studio um ein paar Songs des neuen Songmaterials aufzunehmen. Im Frühjahr wurde das ganze dann gemischt. Am 1.10.2008 erschien die neue 5-Song-Mini-LP in einer Kleinauflage von 300 maschinell-nummerierten Exemplaren.
Ende des Sommers 2010 wird eine 4-Song-Vinyl-7" auf HÖHnie-Records folgen. Und erstmals wird es das Ganze digital geben.
Die CD wird alle Songs der Mini-LP und der noch erscheinenden "Outsider EP" neu gemastert enthalten. Hierzu kann man bereits jetzt auf den frisch erschienenen Samplern "Aggropunk Vol. 1" und der CD-Beilage des Underdog-Fanzines #31 reinhören.
Band 2010: TRASH-BEP: Guitar+Vox / LONI LACKSCHADEN: Bass-Chor / KING GEROLD: Drums-Vox

KING B.: Trotz unzähliger Betteleien von Funk und Fernsehen war es unser eigener Antrieb, die Band wieder zusammenzuführen. Einen direkten Grund dafür gab es nicht. Trash Bep (Gitarre) hatte ich eh nie aus den Augen verloren. Lediglich unsere musikalischen Aktivitäten gingen ab 1986 separate Wege. Ohne dem großen Revival-Gedanken manch anderer Bands, oder Imagepflege vergangener Tage, legten wir einfach mal wieder los - just for fun. Das war 2002. Zeitgleich spielte ich damals mit dem Loni (Bass) in der berüchtigten Münchner band "Thee electric G-boys". da der original Basser mittlerweile in Nürnberg lebte und seit über 20 Jahren kein Instrument mehr in der Hand hatte, wurde Loni spontan rekrutiert. Unser Proberaum war damals in einer öffentlichen (!!) Tiefgarage in einem Zählerraum, ungedämmt und kalt. Eine gute Atmosphäre um Krach in schnellem Tempo zu machen. Wir spielten zu Beginn erstmal viele alte Songs, um überhaupt mal zu sehen, wie das ganze von der Hand geht. Uns machte der Sound allen so viel Spaß, dass die Wiederbelebung der Band erstmals durch ein öffentliches Konzert an die Leute gebracht wurde. Die Resonanz war umwerfend positiv. Uns freute es auch sehr, dass insgesamt bei den ersten Reunion-Konzerten nicht nur "alte Säcke" da waren, sondern auch relativ viel junges Publikum. Fans fragten uns immer wieder, ob wir nicht mal was neues machen wollen. Nachdem unser Standard-live-Programm mit den besten Songs der alten Platten bald stand, machten wir auch wieder neue Songs. 5 davon nahmen wir dann relativ spontan auf und brachten die "Full speed ahead" Mini-lp raus. Dieser ganze Verlauf entwickelte sich einfach mit der Zeit, aus Spaß an der Sache. Wir machen das ganze jenseits irgendwelcher Trends oder Liebhabereien. Da man uns in einem Tennis-Club nicht aufnehmen wollte, bleibt uns für unsere Freizeit halt auch nichts anderes übrig...

2010. NIKOTEENS gibt es ja nicht erst seit gestern. Kannst du dich noch an die Umstände der ursprünglichen Bandgründung erinnern? Wie lief das ab: so klassisch im Zimmer beim Punk hören, Bier trinken oder nach dem Besuch eines Konzertes..und dann entschieden: den Scheiß können wir auch spielen?
KING B.: Dann gehen wir doch gleich mal in das Jahr 1979 zurück. Beppo und Hubsi (Orig. Basser) spielten schon seit Anfang des Jahres in einer Band namens "Shabby dogs", und ich bei den "Hectics". Das waren damals die beiden einzigen Punkbands in Ingolstadt. Durch die gemeinsamen musikalischen Interessen, kannten wir uns aus dem örtlichen Plattenladen. Nachdem sich die Shabby dogs in "Nikoteens" umbenannt hatten (der Name kam als Persiflage auf die damals angesagten "Teens" zustande), stieg der damalige Schlagzeuger aus. Im März 1980 stieg ich als neuer Trommler ein, da sich die Hectics aufgelöst hatten.

Was macht NIKOTEENS für dich einzigartig?
TRASH-BEP: Was die Nikoteens für mich persönlich einzigartig macht ist, dass so einen Sound zu der Zeit sonst keiner machte. Unsere Einflüsse gingen ja von Punk, über Hardrock bis hin zu Rock'n'Roll. Was wir daraus machten war der markante Nikoteens Sound. Wir wollten uns musikalisch nicht festlegen, nur Hardcore oder nur Punk-rock zu spielen. Songs wurden gemacht, wie es aus uns rauskam. Meiner Meinung nach, hebt sich z.b. die "Aloah oehh" LP von den meisten der anderen frühen Rock-o-rama stark ab. Wir konnten damals schon recht gut spielen. Von demher hatten wir vielleicht auch mehr Möglichkeiten Ideen umzusetzen, als manch andere Bands. Und dann war das natürlich eine verdammt lustige und feuchte Zeit!! Es gab so viele Erlebnisse, die um oder durch die Band passierten, was das ganze natürlich unvergessen und auch einzigartig macht.

Gemessen an den bisherigen Veröffentlichungen ist eine stete technische Spielartverbesserung und eine musikalische Weiterentwicklung erhörbar. Wie wichtig ist dir die Band heute?
TRASH-BEP: Nun, wenn wir uns schon wieder zusammentun, dann aber wohl auch mit einer Entwicklung!? Auch wenn wir als Nikoteens eine Zeit lang nicht zusammen waren, so hatten wir doch immer Musik gemacht. Da hat natürlich jeder sein Können rausgezogen. egal ob spielerisch, tontechnisch oder im wissen über nen Song-Aufbau. Wir selbst hören ja die unterschiedlichste Musik, und das über Jahre. So haben alle bisherigen Platten ihren eigenen Charakter bekommen. Wir haben immer das gemacht, wonach wir Lust hatten. Weder heute noch damals verfolgten wir irgendeinen Trend oder Mainstream. Es gibt ja viele Bands, die wollen klingen wie "xy". So einen Gedanken hatten wir nie. Wer uns kritisiert: "Die neue Platte klingt aber nicht wie die Aloah oehh", den/die kann ich nur belächeln und sagen: "Soll sie auch nicht..."!!
LONI: Obwohl ich auch heute noch ein Freund des guten alten Schepper-Sounds bin, so beeindrucken mich die aktuellen Nikoteens mehr. Viele der alten Songs haben auch heute noch einen sauguten drive. obwohl wir nur eine Trio-Besetzung sind, bringen wir live einen kraftvollen Hammersound zustande. Das resultiert natürlich aus der gewonnenen spielerischen
Weiterentwicklung. Wir ballern die Songs tight und auf den Punkt gebracht, ohne irgendwelche Schnörkeleien, den Zuhörern in die Ohren. Nikoteens – 30 Jahre später - so soll's sein...
KING B.: Da für uns alle das Sound-machen immer wichtig war, machen wir das halt auch heute noch. Auch wenn wir in modernen Zeiten leben, so wäre ein Massenmord doch immer noch mit einer Strafe zu erwarten. Musik ist ein gutes Ventil zum Alltag. Zudem sind wir alle nicht die Freizeithelden. Lediglich bei Hallen-Halma sind wir groß. Die Band bringt halt auch viel Spaß mit
sich. In einer Bandprobe machen wir ja nicht nur Musik, sondern wir haben uns auch was zu sagen. Wäre nicht diese Kumpel-Ebene, hätte es auch keine Nikoteens mehr gegeben.

Neben 2 Ursprungsmitgliedern gibt es nun mit dir, Loni, einen neuen Basser. Wie seid ihr zusammen gekommen?! Ist diese 3er-Formation die Idealbesetzung oder sucht ihr noch nach einem 2.Gitarristen?
LONI: Die Aloa-oehh-Platte fand ich als Teenager schon herausragend. Den King lernte ich jedoch erst ca. 1997/98 persönlich kennen. Ich war zu der Zeit in den Anfangstagen des Münchner Fanzines "Kruzefix" aktiv und machte mit ihm ein Interview. Er spielte bei den frisch gegründeten "Electric G-boys". Als deren Basser 1999 nach Berlin ging, und ich von meiner damaligen Band eh die Schnauze voll hatte, fragte er mich, ob ich nicht einsteigen möchte. Wir spielten dann 8 Jahre zusammen. Zeitgleich zu den G-boys aktivierten wir die Nikoteens. Irgendwann war dann die Luft bei den G-boys raus und wir konzentrierten uns nur noch auf die Nikoteens. Das war letztlich auch der Grund, mehr neues Material zu machen. Die Trio-Besetzung ist schon die Idealbesetzung. Manche Songs könnten zwar ne zusätzliche Solo-Gitarre vertragen, aber was solls. Da wir alle zeitlich etwas eingeschränkt sind, kommen auch nicht sooo viele Proben zustande. Von demher würde ein vierter Mann das ganze nur unnötig komplizierter machen. Außerdem können wir so mit nur einem Pkw zu Gigs fahren, ohne dass einer außen am Seitenspiegel hängen muss.

Es gibt ja immer wieder Re-Unions zahlreicher Punkbands. Seht ihr euch auch als Re-Unionsband oder als Band, die immer wieder Pausen gemacht hat? Ist Langeweile das Motiv, gab es kreative Leerphasen oder sind die Pausen auf mangelndes Interesse zurück zuführen?
LONI: Klar, Re-unions gibts ne Menge. Die Hintergründe mögen da vollkommen unterschiedlich sein. Bei manchen Bands kommt es mir jedoch so vor, dass die das nur wegen der Kohle machen. Einenen alten Bandnamen als Aushängeschild vorausgeschickt, eine Tour geplant, und beim Konzert merkt man dann, dass außer dem Sänger sonst gar keiner mehr von der alten Combo dabei ist. Da fehlt dann meist der Charme für das ganze. Als die Nikoteens wieder aktiv wurden, hatte sich keiner groß was an Tour oder "hier sind die großen Nikoteens zurück" ausgemalt. Dass wir mit der Re-union keinen Blumentopf mehr gewinnen können, war uns klar. Deshalb gibts neue Veröffentlichungen auch nur in einer Kleinauflage. Für Liebhaber, Fans und natürlich für uns selbst. Man legt eben lieber eine eigene Platte auf, als nen Proberaummitschnitt, den man sich für ne CD-R zusammengestellt hat. Mit Punk-Rock war noch nie Geld verdient (zumindest bei den Nikoteens). So lange noch Leute auf unsere Konzerte kommen, macht's auch Spaß, die Sache weiter unters Volk zu bringen...

Inzwischen ist doch die Familie der zentrale Rückhalt, nicht mehr die Band, oder? Ist die Band, das Musik machen, nur noch ein Hobby?
LONI: Familie-mäßig bin ja nur ich unterwegs. Das ist auch gut so. Die Teenager-Jahre sind vorbei. Nun ist die nächste Phase da. Meine Familie ist für mich das absolut wichtigste. Hobbys habe ich keine, deshalb sind die Nikoteens ab sofort mein Hobby!! Und ich denke da auch geschickt voraus. Wenn's einer der Herren mal nicht mehr packt, dann rückt einfach eines der Kinder nach. Das wäre mir lieber, als einen Fremden in die Band zu nehmen, der mich dann vielleicht im Dunkeln begrapscht...
KING B.: Jedes Hobby kostet Geld. Von demher ist die Band wohl auch mein Hobby. Sonst hat jeder von uns seine Verpflichtungen im Alltag. Wir sind halt alle keine 18 mehr. Den großen Rückhalt kann sich -glaub ich- jeder selbst geben. Wobei auf die Jungs immer zu zählen ist. Und das nach so vielen Jahren. Da bin ich im Endeffekt auch sehr stolz drauf.
TRASH-BEP: King, das hast du schön gesagt! Für mich seid ihr der Rückhalt Nr.1 !! Übrigens: kannst du mir nen Zwanziger leihen?

"Wir sind die Nikoteens und wir sind schnell und laut" heißt es auf der Debüt-LP. In Zeiten, in denen (Punk-)Musik schneller, lauter, härter sein musste, habt ihr offensichtlich den Zeitgeist aufgespürt. Das erste Tape und auch die erste LP hatte ja diese Mixtur aus lustigen Punk und rasanten Thrashattacken. Irgendwie schien es, als wüsstet ihr selbst nicht, wohin die Reise gehen soll?
TRASH-BEP: Wohin die Reise gehen sollte wussten wir sicherlich nicht, da wir uns darüber auch keine Gedanken gemacht hatten. Wozu nen Marshall kaufen, wenn man ihn nicht aufreißt? Wozu Schlagzeug spielen, wenn man nicht losdrischt? Ob High-speed oder Mid-Tempo, Spaß macht das alles. Von demher wollten wir uns nicht festlegen nur das eine oder andere zu machen. Die extrem schnellen Songs auf dem legendären "Skateboard Tape" waren schon eine Herausforderung. Wenn es jemanden geben soll, der mal nen geschwindigkeits-Rekord aufstellt, warum sollten das nicht wir sein? Zudem war auf Konzerten nach 40 Songs in 30 Minuten alles gesagt, und wir konnten uns wieder dem Bier-Konsum und kulturell hochwertigen Themen hingeben...

Geblieben ist das Motto: schnell und laut. Ist Punk für dich grundsätzlich ein musikalischer Aspekt oder geht es dir da auch um Inhalte, Ideologien oder persönlichen Erfahrungen, die du mit der Band gemacht hast?
KING B.: Punk bedeutet für uns alle auch heute noch eine gewisse innerliche Einstellung zum Alltag, zur Gesellschaft. Wir sind sicherlich keine "Steine-Schmeisser", gehören aber auch ganz sicher nicht zur Gesellschaft und wollen das auch nicht. Die großen Punk-Ideologen waren wir noch nie. Band-bezogen sind wir dann wohl eher musikalisch mit Punk vereint. Die Texte waren und sind uns nicht sonderlich wichtig. Kann vom Spaß-Text bis hin zum Text aus'm Alltag gehen. Wir haben keine Botschaft, die wir mitteilen müssen - wir wollen auch nicht die Welt verbessern. Gute Texte muss man schreiben können, und das können wir alle nicht. Wobei: "..ich kotzte auf den Plattenteller - das war das Beck's Bier aus'm Keller..." war schon eine herausragende Textzeile, oder nicht?

Sehr poetisch! Die sogenannte Szene war ja auch im Streit: Punk vs. HC. Das selbstverletzende Verhalten im Punk wich ja einer neuen Bewegung, in der sich mehr um einander gekümmert wurde und was für die Szene aufgestellt wurde (Netzwerke, Konzerte organisieren, Tapes, Zines, Labels etc.). Wie habt ihr diesen "Bruch" wahr genommen und mit entwickelt?
TRASH-BEP: Wir haben da gar keinen Bruch miterlebt. Wir hörten mit der Zeit einfach mehr US-Bands, da uns das ganze mehr lag, als die England-Sachen. In einer Szene waren wir eh nie involviert, geschweige denn ein Teil davon. Ingolstadt ist halt nicht Berlin. dementsprechend viel bzw. wenig war hier los. In einer Szene wollten wir auch gar nicht sein. Auch heute nicht. Da gibt's uns zu viele Leute, die sagen wollen, was gut und schlecht ist, was in und out ist, was politisch korrekt und was peinlich ist. Das interessiert uns alles gar nicht. Wir machen unser eigenes Ding, jenseits von Szene und Trends.

Gab es in dieser Zeit irgendwelche Treffs in Ingoldstadt, in denen ihr Punk leben, euch austoben konntet oder war das ein "Ich sauf am Brunnen"-Ding?
KING B.: Einschlägige Wirtschaften gab es in der Richtung schon, wenn auch wenige. Eine direkte Cliquenbildung "Punks" gab es aber nicht. Man hat sich einfach im Freundeskreis getroffen. Da hat es keine Rolle gespielt, welche Frisur man hat, oder was man für Klamotten trägt. Gottseidank kann ich nur sagen...

Optisch wart ihr ja auch nie als Iro-Nietenkaiser unterwegs. Hattet ihr keinen Bock auf diesen Style oder einfach Angst, täglich was von den Prolls auf die Fresse zu bekommen? Feindbilder gab es ja zuhauf...
TRASH-BEP: Auf diesen optischen Style hatten wir ganz einfach keinen Bock. Außerdem zu viel Action vor'm Spiegel und unterm Moped-Helm geht eh jede Frisur flöten. Zudem fanden wir es lustiger auf manch kuriosen Veranstaltungen zu spielen, "normal" auszusehen und dann mit nem Hammer-Sound loszulegen, wo so manchem Veranstalter das Kinn runterfiel - aber nicht vor Begeisterung.

Der typische Gitarren-Schrammelsound auf nahezu allen frühen R-O-R- Scheiben verdirbt das Hörvergnügen. Wart ihr damals froh, überhaupt einen Plattendeal erhalten zu haben? Es gab ja auch wenig Alternativen...wie kam der Kontakt zustande?
KING B.: Wir hatten Ende 1982 mit "B.TRUG" zusammen im Allgäu gespielt. Die erzählten uns von ihrem Kontakt zu Rock-o-Rama. Wir machten es dann genauso wie sie. Wir schickten ein Proberaum-Tape zu Labelchef Egoldt und 14 Tage später hatten wir ne Zusage zur Plattenveröffentlichung. Vor Ort ging alles sehr schnell. Einen Tag aufnehmen, einen Tag mischen. Der Tontechniker hatte definitiv keine Ahnung von Rockmusik, erst recht nicht von Punk. Ich erinnere mich noch gut an sein verzerrtes ungläubiges Gesicht, wie er mich durch die Scheibe zum Aufnahmeraum anstarrte. Sowas hatte er zuvor wohl noch nie gehört. Er war sicher heilfroh, als diese beiden Tage vorüber waren, und er sich zu Hause eine entspannende James Last-Platte auflegen konnte. Diesen Herren kann man übrigens auf dem Backcover der Aloah-oehh Nachpressung sehen. Eines muss ich ihm aber zu gute halten: eine coole Frisur hatte er schon. Den Allgemein-Sound hatten wir im Detail nicht gar sooo genau beachtet. Es war überwiegend schon toll, ne eigene Platte zu machen. Wir waren zwischen 18 und 21. Da waren wir noch blauäugig, was generell eine Produktion angeht.

 OHL hatten ja mit ihren späteren R-O-R- Scheiben ein höheres Budget, die Musik wurde etwas besser abgemischt. Welche Mitsprache hattet ihr beim Mix, bzw. gab es überhaupt einen regulären Vertrag, der euch Beteiligung an den Verkäufen zusicherte?
TRASH-BEP: Nach dem Mischtag wurde zwar gesagt, dass der Sound am Schluss besser sein würde, aber passiert ist da nichts mehr. Was wir später dann leider auf der LP zu hören bekamen. Ein großes Mitspracherecht hatten wir nicht. Egoldt war der Produzent, und wir einfach scharf auf ne eigene Platte. Einen Vertrag gab es nicht. Meines Wissens hatten wir einmalig 100 Platten zum Selbstverkauf erhalten. Angeblich wurde die LP über 20.000 mal verkauft, wovon wir allerdings nicht eine Mark gesehen haben.
KING B.: Der schrammelige Gitarrensound hätte klar besser sein können, wie auch alles andere. Andererseits kannten wir die Platte nur so. Durch's viele hören gewöhnt man sich eh an alles. Von demher konnte ich mich mit der Zeit damit arrangieren. Richtig Spaß macht's mir aber in der aktuellen Besetzung. So wie die Songs heute gespielt werden donnert's los wie es sein muss, aber heute ist halt nicht 1983 !!

Zu dieser Zeit hattet ihr einige peinliche Texte ("16 Lenze", "Spanische Fliege"), die unpolitisch waren und bierselige Atmosphäre versprühte. Klar, ihr ward jung, aber hattet ihr es auch mal mit Anfeindungen zu tun, die in die Stumpf-Punk-Ecke schieben wollten oder als Sexisten angegriffen haben? Sind dir die Texte heute peinlich?
KING B.: Wir waren eh schon anders als andere. Also warum nicht noch mal anders? Keiner der alten Texte ist mir heute peinlich, auch wenn z.b. "16 Lenze" heute nicht mehr im Programm ist. Übersetz dir doch mal so manchen englischen Text. Da ist auch nicht immer das Gelbe vom Ei dabei.
Anfeindungen gab es damals keine. Wir sind weder sexistisch noch frauenfeindlich. Im Gegenteil: Frauen und Haustiere sind unsere liebsten Sex-Partner! Und selbst, wenn wir damals "in Kritik" geraten wären, wäre es uns das -denke ich -genauso egal wie heutzutage gewesen. Wir müssen uns vor niemanden rechtfertigen.

Was hat sich durch die 1. LP-Veröffentlichung für euch verändert? Gab es vermehrt internationales Interesse, gab es mehr Einladungen, Konzerte zu spielen oder war es für euch erst mal die Genugtuung, es "geschafft" zu haben?
TRASH-BEP: Geschafft haben wir dadurch gar nichts, sonst wären wir heute Millionäre. Klar, Leute wurden aufmerksamer auf uns. Wir wurden nun öfters zu Konzerten eingeladen, wo's dann oft keine Gage gab (ha ha). Es kam sogar einiges an Fanpost. Und im Maximum Rock'n'Roll hatten wir eine super Kritik*. Aufgrunddessen gab es auch ein internationales positives Feedback. Das waren ganz klare Verbesserungen! Das Geschäft damit hat jedoch Rock-O-Rama gemacht.

*Boy, what a turnabout! The Nikoteens used to have a slow Oi/punk approach, and now they're out there thrashing with the best of them. The guitar tone here is extremely trebly and piercing, and the general sound quality is hot, so their stronger material (like "Frieden", "Cowboy Song", and "Geisterfahrer") really blasts off the turntable into your gut. This album proves that musical changes can lead to major improvements.
-Jeff Bale (from Maximum Rocknroll #11, January/February 1984)

Okay, Punk und Nikoteens haben sich weiter entwickelt. Die folgenden Sachen waren sehr amerikanisch geprägt. Was hat dich dabei so begeistert: Inhalte und Intensität haben sich ja schließlich enorm vom traditionellen Punk unterschieden? Ich denke, auch das Publikum hat sich grundlegend verändert: Bandanas, Chucks statt Springerstiefel und Lederjacke. Oder waren es am Ende die selben Leute, die sich dem Trend angepasst haben und verkleidet haben? Welche Erfahrungen habt ihr zu dieser Entwicklung gemacht?
KING B.: Ich würde sagen, dass sich die Leute nicht zum US-Style verändert haben, sondern das einfach ganz andere Leute waren. Zumindest größtenteils. Da wir eh die Jeans-Fraktion waren, fanden wir den Chucks/Bandana-Style recht cool. Das hat uns wesentlich mehr gelegen als der Iro-Kaiser. Inhalte und Intensität des US-Hardcore sagten uns viel mehr zu als Springerstiefel, Nieten und in seiner eigenen Kotze liegen. Da wir nicht drogenverseucht waren, konnten wir dementsprechend auch Gas auf der Bühne geben. Der "gängige Deutsch-Punk-Freund" war deshalb eine ganz andere, weit entfernte Welt.

DISCOGRAPHY

2010 - OUTSIDER EP - (will be released in spring 2010)
2010 - THE WINTER SESSIONS - CD - (will be released in spring 2010) 2008 - FULL SPEED AHEAD - Mini-LP, Ltd. 300
2001 - ALOAH OEHH - CD / with bonus: the end 7" + unreleased live'83 songs
1995 - THE END - 7" - ReRelease Ltd. 500
1987 - HOPFENLAND TAPE
1986 - HC HOLOCAUST LP
1984 - SKATEBOARD TAPE
1983 - ALOAH OEHH - LP
1981 - THE END 7" - Ltd. 500

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