TRUST #164

TRUST #164
68 DIN A 4 Seiten; €2,50.-
Trust Verlag, Dolf Hermannstädter, Postfach 110762, 28087 Bremen
www.trust-zine.de
Dolf greift rhetorische Fragen auf und möchte geklärt haben, warum “die ganzen guten, richtigen Sachen dauern(…)und nicht schnell umgesetzt werden?” und meint z.B. einen globalen Produktionsstopp von Waffen. Kollege Jan Röhlk bastelt sich den perfekten HC-Menschen im Sinne von wertvoll, interessant, anti-kapitalistisch und liefert Fallbeispiele, in denen sogenannte Punx sich wie König benehmen, weil sie im Glauben sind, über andere bestimmen zu können und eigene Maßstäbe erstellen. Im weiteren Verlauf erinnert Jan sich an seine Onanierphase und Vorliebe für Fun-Punksongs. Mika reist in eine ungewisse Zukunft auf die Philippinen, die immer wieder von Natur- und Klimakatastrophen betroffen sind. Jan Tölva kritisiert, dass Menschen ihre Zugehörigkeit zu einer Szene über Codes ausdrücken und viel Geld für Optik und Mode investieren, weil sie sich darüber definieren. Darüber hinaus definiert er Handlungen von Menschen, die feiern und Alkohol trinken als eine “toxische konzentrierte Reproduktionsarbeit”. Auch Bela wundert sich über Verhaltensmuster einiger Menschen in Punkbands, die ihn an “Deutschland sucht den Punkrockstar” erinnern, an unreflektierte, konservative, ausdruckslose, oberflächliche MusikerInnen, die mit ihrem Verhalten einen “Nährboden an Ignoranz und Dummheit” demonstrieren.
Stone interviewt BL’AST mit uninspirierten Fragen über Besetzungswechsel und Plänen (“Was macht ihr so?”).  Ausführlich und detailliert porträtiert Jan R. indes Autor Klaus Walter zu seinen Themenbereichen “Politik, Fußball und Musik”. Ein redaktioneller Ausflug in Zeiten der Wasserwerfer und Bombenleger, unreflektierende Radiomoderatoren, die Subkulturellen in Frankfurt und die “Pluralisierung der Lebensstile”. Mika sitzt im Winter 2012 an einem schwül-heißen regnerischen Tag in Kuala Lumpur in einem Straßencafé und interviewt SECOND COMBAT, eine “normale HC-Band, die stark an Politik glaubt” mit Texten, die “einen richtigen Weg aufzeigen und helfen, das eigene Leben zurück zu gewinnen”. Dieser Empowerment-Prozess ist auch die essentielle Substanz im ausführlichen Interview mit Jakob Kapeller, der sich u.a. mit dem Menschenbild moderner Ökonomie, dem Modell-Platonismus und Vermögensverteilung auseinandersetzt. Jan Röhlk’s Einleitung ist schon beinahe ein wissenschaftstheoretischer Kritikansatz im Sinne von Hans Albert, der über den dritten Bildungsweg (hehehehe) porträtiert wird und den kritischen Rationalismus aufgreift. Inhaltlich geht es also um intellektuelle Legitimität metaphysischer Fragen, Analysen zu makro-ökonomische Modelle und problematische Annahmen. Verdammt, ich bin raus. So viele Gedankenexperimente und Wirtschaftssoziologische Theorie lässt meine Zellen implodieren. Immerhin…Jakob amüsiert sich über Kleingeistigkeit im Wissenschaftsbetrieb.
Gesamteindruck: Punk goes BWL. Die aktuelle Ausgabe entwickelt sich beinahe zu einer Business-Punk_Ausgabe. Beim genauen Hinsehen und Durchlesen sind es abermals die vielen kritischen Reflexionen über bestehende Verhältnisse, die in den Kolumnen und (teilweise) in den Interviews zum Tragen kommen. Typen wie Hans Albert/Jakob Kapeller, Klaus Walter sind Draufgänger, unerschrocken, obsessiv – und erfolgreich. Die treffenden Argumente der Kritikansätze (Merkmale in Punk: Profit, Lookism, Sucht) sind nachvollziehbar und verlangen nach einer ausführlicheren Ausarbeitung, um zu bestätigen oder zu widerlegen, dass Punk/HC  spannend und ungewöhnlich sein muss.

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