LOTTA #55

Lotta #55
Lotta #55

LOTTA #55
68 DIN A 4 Seiten; €3,50.-
Lotta, Am Förderturm 27, 46049 Oberhausen
lotta-magazin.de
Im Schwerpunkt beschäftigen sich die AutorInnen mit dem Problem der rassistischen Fanszene in deutschen Stadien, die eine antifaschistische Fankultur immer mehr verdrängt. Unterstützt wurde das LOTTA-AutorInnen-Kollektiv vom TRANSPARENT-Magazin, die den Fans und Ultras nahe steht und positive wie negative Aspekte innerhalb der Fankultur kritisch beleuchtet. Negativ meint in diesem Selbstverständnis rassistische, sexistische und homophobe Äußerungen und Gruppen in den Stadien. Antirassistische Fangruppen sehen sich immer mehr verstärkt einer körperlich und zahlenmäßig überlegenen rechtsoffenen Gruppierung gegenüber, die sich aus rechten Hools und Ultras zusammenschließen.

Erschwerend hinzu kommt, dass Vereine untätig zuschauen oder gar repressiv gegen antirassistische Fangruppen vorgehen und diese mit einem Stadionverbot belegen. So hat bspw. der Verein Eintracht Braunschweig die antirassistische Gruppe "Ultras Braunschweig" untersagt "als Gruppe" Spiele des Vereins zu besuchen, obwohl diese selbst im eigenen Fanblock rassistisch beleidigt und verprügelt wurden. In der Begründung heißt es u.a., "dass Verein und Polizei zu der Einschätzung gekommen sind, dass die Gruppe nach wie vor nicht in die Fanszene integriert ist und ein Aufenthalt dort daher ein Sicherheitsrisiko mit sich bringen würde."
Beim MSV Duisburg attackier(t)en Neonazis, Hooligans und rechtsoffene Zuschauer Fangruppierungen, die sich im Stadion gegen Diskriminierung engagieren. Bezeichnend ist auch in diesem Fall wie so oft die angeblich „unpolitische“ Haltung, hinter der sich große Teile der Fanszene verstecken.
Gesamteindruck: Antirassistische, -faschistische Sprüche, Transparente und ebenso ausgerichtete Fangruppierungen rufen rechte Hools/Ultras und rechtsoffene Fans auf den Plan, denen das politische Engagement ein Dorn im Auge ist. Diese bündeln ihre "rechten" Kräfte zunehmend in einem Netzwerk, um Fangruppierungen, die sich gegen Diskriminierungsformen engagieren, unter Berufung auf das Label "Football-No politics", aus den Stadien zu verdrängen, während Vereine diese Verdrängungspolitik unterstützen, um eine „weitere Eskalation zu vermeiden“. Ähnlich wie beispielsweise in Aachen, wo sich die antirassistischen Ultras auf Grund der Drohungen und Übergriffe von rechts bereits aus dem Stadion zurückzogen, werden auch in Duisburg von einem Großteil der Fanszene nicht die Täter als das Problem angesehen, sondern eben die Betroffenen, die Ultra-Gruppierungen. Für viele Fußballfans hat „Politik im Stadion nichts verloren“, ein Argument, welches ständig in solcherlei Diskussionen gebracht wird. Nach dieser Logik ist auch Seite an Seite mit Nazis in der Kurve stehen kein Problem, solange diese nicht offen agieren. Problematisch scheint es erst zu werden, wenn Ultras einen Mindeststandart an demokratischen Werten und ein eigentlich selbstverständliches klares Bekenntnis gegen menschenverachtendes Gedankengut und Diskriminierung fordern. Doch dies ist mit der „unpolitischen“ Haltung zahlreicher Stadionbesucher nicht vereinbar.
Solange Vereine wegsehen und zivil-couragierte Fans gegen Rechts sanktionieren, werden extrem rechte Fangruppierungen, Hools und Neonazis ermutigt, ihre Präsenz und Machtposition im Stadion zu stärken und all jene einzuschüchtern, die sich trauen, gegen Diskriminierung vorzugehen.

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