Kommunistische Partei - Ein Gespenst kehrt zurück

Kommunistischer Aufbau
Kommunistischer Aufbau

Mit dem Kommunistischen Aufbau hat sich eine Organisation gegründet, die es sich zur Aufgabe macht, für die Einheit der KommunistInnen auf der Grundlage gemeinsamer Prinzipien zu kämpfen. Mit dieser Organisation möchte sie einen Beitrag für eine zukünftige revolutionäre Kommunistische Partei leisten.
"Welche Schritte und Umwege zum Aufbau der Kommunistischen Partei noch gegangen werden müssen wird die revolutionäre Analyse und Praxis zeigen. Wir sind uns jedoch sicher, dass der Weg gepflastert sein muss, von Diskussionsbereitschaft, Kreativität, Wissbegierde, Solidarität, Klarheit, Ernsthaftigkeit, Militanz und gemeinsamen revolutionären Kämpfen. Wir laden alle Revolutionärinnen und Revolutionäre, die diese Ziele mit uns teilen ein, sich uns im Kampf um den Aufbau der Kommunistischen Partei und für die Einheit der KommunistInnen anzuschließen."
Die Organisation geht davon aus, dass eine klassenlose Gesellschaft geführt werden muss, durch eine Partei, "die in der Lage ist, die Massen zu führen und von ihnen zu lernen, die revolutionären Erfahrungen auszuwerten und anzuwenden, die in der Lage ist den deutschen Imperialismus zu stürzen."
Die Gruppe sieht mit der Schaffung einer Kommunistischen Partei den wichtigen "Hebel und die entscheidende Waffe im revolutionären Klassenkrieg für den Sozialismus".

Eine neue KP gibt es in Deutschland nicht? Warum ist gerade jetzt die Zeit reif für die Schaffung einer Kommunistischen Partei Leninschen Typs?
Zuerst mal vielen Dank für das Interesse an unserer Organisation und unsere Arbeit.
Naja, eigentlich ist die Zeit nicht gerade jetzt reif, sondern schon reif seitdem es keine marxistisch-leninistische Kommunistische Partei mehr in Deutschland gibt; und das ist wohl seit irgendwann um 1950 der Fall. Es gab in den 70ern Versuche, eine solche Partei wieder aufzubauen, die so genannten K-Gruppen. Darüber wie wir die im Einzelnen bewerten sollen, haben wir uns noch keine exakte Klarheit verschafft, wir sehen das aber auch nicht als die allererste Priorität.
Aber zurück zur Frage: Wir denken, dass die Revolution und der Aufbau des Sozialismus ohne Kommunistische Partei unmöglich ist, deswegen ist die Zeit, so eine Partei zu schaffen, immer reif, wenn es keine gibt. Das wir ausgerechnet 2014 auf diesen Gedanken kommen, ist eher ein historischer Zufall, der hoffentlich eine positive Rolle bei der Schaffung so einer Partei spielen wird.
Allerdings glauben wir schon, dass der Widerstand und das Widerstandspotential der Ausgebeuteten in Deutschland und eigentlich auf der ganzen Welt in den letzten Jahren gewachsen ist. Die Aufstände in Nordafrika und im nahen Osten, der Widerstand der Arbeiterklasse gegen die EU-Sparmaßnahmen, die demokratische Revolution in Rojava und beispielsweise das Entstehen einer militanten Flüchtlingsbewegung, die sich seit Jahren hält, sind natürlich schon Faktoren, die den Aufbau einer solchen Partei erleichtern.

Anarchokommunistische Vorstellungen sind konzeptionell mit Ideen der anarchosyndikalistischen Bewegung verwandt. Ihr hingegen bevorzugt das Konzept der Führung durch eine revolutionäre Klassenpartei. Warum benötigt der Klassenkampf eine politische Führung durch eine Kommunistische Partei?
Platt, gesagt, weil die Arbeiterklasse zwar ein gemeinsames Interesse hat, nämlich den konsequenten Kampf gegen die Kapitalistenklasse, die Revolution und der Aufbau einer klassenlosen Gesellschaft, sich diesem Interesse aber im unterschiedlichen Maße bewusst ist. Als Kinder einer kapitalistischen Gesellschaft ist es sogar natürlich, dass wir erst mal alle auf einem bürgerlichen Standpunkt stehen; also vielleicht dieses oder jenes Detail verändern wollen, aber eben nicht daran denken, die Herrschenden zu stürzen und zu enteignen. Diejenigen, die sich diesem Ziel aber am bewusstesten sind, müssen sich zusammenschließen; man braucht eine Organisation, in der es keine Diskussion ist, ob man Gewalt anwenden darf, ob der Aufbau des Kommunismus über das Parlament möglich ist oder ähnliches.
Das sind die KommunistInnen in der Kommunistischen Partei.

Die ArbeiterInnen waren vornehmlich in sog. „Arbeiterparteien“ organisiert.
In Deutschland waren dies die SPD und die KPD. Allerdings hatten diese Institutionen weniger mit Bewegung im eigentlichen Sinne zu tun hatten, als mit Regulierung und Disziplinierung der Arbeiterbewegung, ganz im Interesse der privaten oder staatlichen Kapitaleigner. Das widerspricht eurem Fernziel, den Kapitalismus abschaffen...
Also SPD und KPD sind ja entstanden, als sich die SPD, die mit Abstand größte deutsche Arbeiterpartei in einen reformistischen und einen revolutionären Pol gespalten hat. Ehrlich gesagt, sehen wir das eigentlich nicht so, dass die KPD zur „Regulierung und Disziplinierung der Arbeiterbewegung“ gedient hat. Die KPD hat in den frühen 20er Jahren mehrere Aufstandsversuche unternommen, hat die Rote Ruhrarmee maßgeblich mit gebildet, hat auch in den 30ern noch bewaffnete Abteilungen gebildet, ist im Gegensatz zur SPD nicht im Faschismus größtenteils ins Ausland geflohen, sondern hat in der Illegalität weiter gekämpft, wenn sie auch sehr geschwächt wurde und tausende Mitglieder der KPD sind als internationale Brigadisten nach Spanien gereist, um die Republik gegen die Faschisten zu verteidigen.

Warum kann das neu organisierte Proletariat den Kapitalisten die Macht nicht entreißen?
So schwarzmalerisch würde ich die Sache nicht betrachten. Schließlich sind Kapitalisten im Gegensatz zur Arbeiterklasse vollkommen überflüssig für die gesellschaftliche Produktion.  Das Problem scheint mir heute viel eher zu sein, dass sich viel zu viele dem nicht bewusst sind und deswegen natürlich auch nicht die richtigen Konsequenzen ziehen können.

Welche Qualitäts-Merkmale sind die Voraussetzung für eine klassenlose Gesellschaft?
Das alle Menschen grundsätzlich die gleiche Beziehungen zu den Produktionsmitteln einnehmen; und es keine Ausbeutung gibt, also, das niemand von der Arbeit anderer lebt. Das heißt allerdings nicht, dass alle das gleiche machen, unterschiedliche Funktionen sind ja weiterhin notwendig, aber wichtig ist, dass diese von der Gesellschaft besetzt werden und nicht durch diesen oder jenen privaten Eigentumstitel.
Das sind die grundsätzlichsten Merkmale einer klassenlosen Gesellschaft, die man nach der Revolution auch sehr schnell herstellen kann.
Allerdings ist der Drops damit noch nicht gelutscht, weil die Klassengesellschaft den Ausgebeuteten und Unterdrückten diverse Muttermale der Klassenspaltung beschert: Dazu gehören das Patriarchat, die Trennung von Kopf und Handarbeit, der Gegensatz zwischen Stadt und Land und die kapitalistische Arbeitsmoral – ich gehe das gleich nochmal im Detail durch. Obwohl wir die Kapitalistenklasse als Klasse sehr schnell beseitigen können, werden ihre Überreste in dieser manigfachen und zählebigen Form fortbestehen. Wenn es uns nicht gelingt, diese Muttermale der kapitalistischen Gesellschaft zu beseitigen, werden sie zum Ausgangspunkt für eine kapitalistische Restauration wie in der Sowjetunion in den 1950er Jahren.
Unser Meinung nach ist es eine große Illusion zu glauben, dass die älteste Form der Unterdrückung überhaupt, das Patriarchat von der Bildfläche verschwindet, weil die Elemente des Kapitalismus, die der krasseste Ausdruck davon sind, nach der Revolution relativ rasch beseitigt werden können, wie zum Beispiel ökonomische Abhängigkeit der Frau vom Mann, die ungleiche Bezahlung oder die Gebundenheit der Frau an die Reproduktionsarbeit. Um wirklich die Spuren des Patriarchats im Bewusstsein der Menschen zu beseitigen, wird wohl ein jahrzehntelanger und andauernder Kampf nötig sein.
Der Kapitalismus hat die Arbeiter zu Anhängseln der Maschine gemacht, die geistigen Teile der Produktion sind in wenigen Händen oder besser gesagt, wenigen Köpfen konzentriert. Die Beseitigung dieses Gegensatzes ist eine Voraussetzung für die voll entwickelte kommunistische Gesellschaft.
Die geistige und körperliche Verkümmerung des Menschen im Kapitalismus wird durch den in der Entwicklung des Kapitalismus verschärften Gegensatzes zwischen Stadt und Land auf die Spitze getrieben. Während der „Stadtmensch“ immer mehr von der Natur entfremdet wird und ihre Kinder oft genug denken Kühe wären lila, bleiben den „Landmenschen“ ständiger Zugang zu umfassender Kultur, und zum politischen Leben oft genug verwehrt. Dadurch dass der Zugang zu Transportmitteln kein Privileg für wenige bleiben wird und durch die schrittweise Umorganisierung der industriellen Produktion wird dieser Gegensatz nach und nach aufgehoben werden.
Die kapitalistische Arbeitsmoral verhindert, dass wir nach der Revolution sofort zum wirklich kommunistischen Verteilungsprinzip übergehen können, dass jeder sich aus den gesellschaftlichen Reichtümern nehmen kann was er oder sie braucht. Im Gegenteil, nach der Revolution wird es wichtig sein, darauf zu achten durchzusetzen, dass „wer nicht arbeitet, nicht essen soll.“ Für uns ArbeiterInnen ist das nichts neues, dass Arbeit eine Voraussetzung für die Existenz ist – weder individuell noch gesellschaftlich betrachtet unnatürlich. Dieses Vorgehen richtet sich also vor allem gegen die alten Ausbeuter, die daran gewöhnt sind, von der Arbeit anderer zu leben.

Ein Gespenst kehrt zurück
Ein Gespenst kehrt zurück

Historische Beispiele belegen eine tyrannische Machtkonzentration, die sich der Staat in den Ländern des Realsozialismus aneignete. Wie kann das verhindert werden?
Der Kommunismus ist die erste Gesellschaft in der Geschichte der Menschheit, in der die unterdrückte Klasse nicht die eine Ausbeuterordnung durch eine andere ersetzt, sondern zum ersten Mal ihre Geschicke mehr und mehr vollständig in die Hand nimmt. Unser Ziel ist also eine Gesellschaft, in der alle „führen“ und somit die Macht von der Gesellschaft ausgeübt wird und nicht von einzelnen.
Zentralisation ist aber etwas für die Gesellschaft notwendiges. z.B. wollen wir in unserer sozialistischen/kommunistischen Gesellschaft ja nicht auf Züge, Solarzellen oder große Serversysteme verzichten – um so etwas zu erbauen brauchst du jedoch eine Zentralisierung. Gleichzeitig kann es absolut sinnvoll sein z.B. bestimmte Nahrungsmittelproduktion sehr dezentral anzusiedeln, da so die Produkte viel frischer und effektiver produziert werden können, aber auch das muss zentral geplant werden! Sollte eine zukünftige sozialistische Revolution außerdem isoliert bleiben, so wird es notwendig sein sie auch militärisch zu verteidigen, das muss zentral organisiert werden.
Von Staat sprechen wir in der ersten Phase des Kommunismus – dem Sozialismus – weil diese zentralen Angelegenheiten immer noch von einem Apparat erledigt werden, der in gewisser Weise eine „besondere Abteilung“ der Gesellschaft darstellt. Ich sage in „gewisser Weise“, weil das eine ganz andere Art von „besonders sein“ ist als der kapitalistische Staat, der aus Millionen enorm gut bezahlter (also bestochener) Beamten und zum Antikommunismus erzogenen  Polizeikräften, Spezialeinheiten des Militärs und Geheimdienstlern besteht. Im Sozialismus nimmt letztlich schon jeder Bürger des Staates an der Verwaltung des Staates teil, nämlich mindestens über die Rätestrukturen. Diese Kontrolle über den Staat durch alle ist deswegen wichtig, weil besonders kurz nach der Revolution nur ein Bruchteil der Gesellschaft bestimmte Fähigkeiten aufweist, die zur Verwaltung des Staats notwendig sind. In der Sowjetunion war das mit einer Analphabetenrate von 70% besonders krass. Eine solche Situation bringt immer im gewissen Maße eine Bürokratie im Staat mit sich.
 Wir sehen auch in der Geschichte der Sowjetunion, dass die Bürokratie dieses Staatsapparats und sogar die Bürokratie der Kommunistischen Partei starke Tendenzen zur Verselbstständigung gezeigt hat. Lenin und Stalin zum Beispiel haben diese Gefahr schon in den ersten Jahren nach der Oktoberrevolution gesehen und davor gewarnt.
Für die Zukunft ist also die Frage, wie schafft man es im Bewusstsein der ganzen Arbeiterklasse die Notwendigkeit, aktiv an der Kontrolle des Staats und dem Voranschreiten zum Kommunismus teilzunehmen zu verankern und welche Methoden und Strukturen bildet man dazu. Hier gilt es die gemachten Ansätze und Fehler in der Sowjetunion und anderswo noch detalliert auszuwerten
Ich würde aber sagen, dass die Chancen, dazu gar nicht so schlecht stehen, immerhin übernehmen die ArbeiterInnen in den meisten kapitalistischen Betrieben heute bereits bestimmte Verwaltungsaufgaben mit.

Partizipatorische Ökonomie, kurz Parecon, ist der Entwurf eines klassenlosen Wirtschaftssystems, das eine Alternative bieten könnte zu Kapitalismus, Marktsozialismus und zentraler Planwirtschaft. In der Parecon treffen Räte der Arbeiter und Verbraucher in Selbstverwaltung die Entscheidungen. Das proletarische Klassenbewusstsein könnte sich also auch mit diesem Modell als kämpfendes Kollektiv entwickeln...
Also unser bisheriger Eindruck von diesen Parecon-Theoretikern ist
eher, dass sie über ihre ganzen ökonomischen Diskussionen ganz
vergessen die Machtfrage konsequent zu stellen. Revolution ist für
teilweise nicht mehr als ein „radikaler Wandel“. Wir glauben, dass man
mit so einer Herangehensweise nicht weit kommen wird.

Die sogenannten Neuen Sozialen Bewegungen wie Occupy, ATTAC greifen kapitalismuskritische Aspekte auf und mobilisieren Massen bei Protesten, die auch ehrlich davon überzeugt sind, den Kapitalismus abzuschaffen...welche Rolle spielen die Inhalte dieser Bewegungen für die kommunistische Bewegung, ist hier ein Zusammenschluss denkbar?
Erstmal zeigen diese Bewegungen und ihr Wachstum in den letzten Jahren, dass - wie du sagst - viele Menschen dem Kapitalismus gegenüber kritischer und kritischer werden. All diesen Sozialen Bewegungen fehlt aber meiner Meinung nach ein wirklich erfolgsversprechender Ansatz, um den Kapitalismus zu beseitigen. In all diesen Bewegungen sind Reformistische Gedanken vorherrschend, die Bewegung richtet sich gegen bestimmte Symptome des Kapitalismus, nicht gegen das System als ganzes, wie zum Beispiel gegen die Spekulation an den Börsen oder die Kreditabhängigkeit der unterdrückten Länder.
Auf jeden Fall müssen aber die KommunistInnen diese Bewegungen beachten und nicht an sich vorüber ziehen lassen, das heißt vielleicht nicht unbedingt, dass man bei jeder ATTAC-Demonstration mitlaufen muss,  aber wir müssen sehen, dass der Zulauf von spontanen Bewegungen wie Occupy uns zeigt, wie bedeutungslos wir KommunistInnen zum Teil geworden sind.
Die Menschen bei (Bl-)Occupy stellen sich Fragen, die wir KommunistInnen eigentlich beantworten müssten, stattdessen finden sie in der (Bl-)Occupy-Bewegung wahrscheinlich eine Mischung aus Verschwörungstheorien und individuellen Befreiungsansätzen.

MarxistInnen stellen zurecht heraus, dass Eigentumsverhältnisse Akteure hervorbringen können und auch hervorbringen, die nicht nur verschiedene, sondern entgegengesetzte Interessen haben. Klassenspaltung und Klassenherrschaft wären die Folge. Wie sollte das neue Klassenbewusstsein geprägt sein?
Ja genau, das ist was wir MarxistInnen sagen. Proletarisches Klassenbewusstsein muss nach unserer Meinung heute heißen, dass man sich der von dir erwähnten Klassenspaltung und bestehenden bürgerlichen Klassenherrschaft bewusst ist, die Konsequenz daraus zieht, dass die Revolution und der Aufbau des Kommunismus die einzige Möglichkeit ist, nicht nur um endlich der Ausbeutung zu entkommen, sondern auch um die ganze Menschheit vor der Selbstvernichtung durch Umweltzerstörung und Atomkriege zu bewahren. Außerdem gehört dazu, dass man sich dem nicht nur bewusst ist, sondern auch entsprechend handelt, sich also organisiert, um für die Revolution zu kämpfen.

Wie bewertest du die kapitalistische Wirtschaft der Gegenwart?
Die Weltwirtschaftskrise ab 2007 ist die bisher heftigste Wirtschaftskrise des Kapitalismus gewesen, die Depression ist durch ein gemeinsames Agieren der kapitalistischen Staaten stark abgestumpft worden. Aber diese Wirtschaftskrisen sind ein kapitalistisches Gesetz und deswegen konnte man sie natürlich nicht aufheben, sondern ihre zerstörerische Wirkung nur in die Länge ziehen oder in andere Bereiche verlagern. Das ist genau was wir gerade in vielen europäischen Ländern beobachten können, deren Arbeiterklasse in die Armut und in den Kampf auf der Straße getrieben wird. Jetzt haben wir in den letzten vier Jahren keinen Aufschwung erlebt (wie es eigentlich normal ist im kapitalistischen Krisenzyklus), sondern bestenfalls eine gewisse Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage. Die massenhaften Entlassungen von Leiharbeitern auch in Deutschland kündigen den nächsten Kriseneinbruch an. Es ist sogar denkbar, dass dieser noch schärfer als der vorherige wird.
Die Krisen zeigen besonders anschaulich wie unmenschlich dieses System ist, denn im Gegensatz zu allen Hungerkatastrophen, die die Menschheit zuvor erlebt hat, werden diese nicht hervorgerufen durch zu wenig Produktion oder zerstörte Ernten, sondern, weil der Kapitalismus mehr produziert, als die verarmte Arbeiterklasse kaufen kann. Ich würde sagen, dass diese krasse ökonomische Absurdität eine Art Todeskampf des Kapitalismus ist, eigentlich bettelt er um seinen Todesstoß, aber den müssen wir ihm versetzen.
Etwa 20 Prozent der Leute in einem Unternehmen übernehmen all die befähigenden und erfüllenden Aufgaben, während 80 Prozent nur Routine und ausführende Tätigkeiten verrichten. Was muss sich betrieblich ändern, um die kooperative Arbeitsteilung auszumerzen?
Die einfache Antwort lautet: Revolution.
Wir glauben zwar nicht, dass man auf Arbeitsteilung an sich verzichten kann, aber was der Kapitalismus hervorgebracht hat hast du schon ganz gut beschrieben. Während die Arbeit in der vorkapitalistischen Zeit eine Tätigkeit war, die sowohl körperliche als auch geistige Anstrengung erforderlich machte, hat der Kapitalismus Kopf- und Handarbeit auseinander gerissen.
Das heißt unmittelbar nach der Revolution muss dieser Gegensatz zwischen „Experten“ und „Fußvolk“ aufgehoben werden, in dem auch den ArbeiterInnen der Zugang zu wissenschaftlicher Bildung verschafft wird und indem die Techniker und Akademiker aus dem Büro und der Universität an den Produktionsort gebracht werden. Genauso kann sich eine sozialistische Gesellschaft auf die Dauer nicht leisten, die ArbeiterInnen lebenslang an eine Funktion in der Produktion zu fesseln, weil uns das zu geistigen und körperlichen Krüppeln macht.

Ihr analysiert Wirtschaft und Klasse. Wie genau sind in dieser Analyse Geschlechter- und Gemeinschaftsverhältnisse eingebunden?
Die Frauenfrage sehen wir als Klassenfrage an, das heißt die Befreiung der Frau ist für uns nur mit der Befreiung der Arbeiterklasse denkbar und andersrum. Erstens, weil es natürlich absurd wäre von freien Frauen zu sprechen, die als Arbeiterinnen unterdrückt sind oder freien Arbeiterinnen, die als Frauen unterdrückt sind. Wir müssen deshalb dafür kämpfen, dass Frauen in der revolutionären Bewegung genauso wie Männer beteiligt sind – von der kleinsten Zelle bis in die Leitung der KP. Zweitens aber auch, weil das bestehende Patriarchat sich auf die Abhängigkeit der Frau von Staat oder Mann stützt, die in vielen ArbeiterInnenfamilien besteht; weil das Patriarchat vom Kapital ausgenutzt wird, um die Arbeiterinnen besonders stark auszubeuten – das zeigt sich in den bestehenden Lohnunterschieden. Dass die Reproduktionsarbeit den Frauen, statt der Gesellschaft, zugewiesen ist, liegt im direkten Interesse des Kapitals, weil somit der Wert der Ware Arbeitskraft niedriger bleibt. Das wird sich also erst im Sozialismus wirklich ändern lassen.

In eurem Selbstverständnis erwähnt ihr auch Lenin's Blick auf den Ökonomismus. Der Ökonomismus reduziert die radikale Theorie und gesellschaftliche Fakten auf ökonomische Erwägungen. Der Marxismus ist ein Paradebeispiel dafür. Was hältst du vom Ökonomismus?
Vom Ökonomismus halten wir nicht viel. Lenin meint damit, eine politische Strömung in Russland, die sich darauf beschränkt hat die Kämpfe der ArbeiterInnen um bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne voranzutreiben und politische Fragen, wie den Sturz der Regierung ausgeblendet haben.  So eine Einseitigkeit ist natürlich heute genau so falsch wie damals.
Du spielst glaube ich darauf an, dass wir MarxistInnen, die Entwicklung der Produktionsverhältnisse letztlich als bestimmend für den Verlauf der Geschichte ansehen. Das stimmt natürlich. Es wird häufig so verstanden, aber ist natürlich nicht so gemeint, dass deswegen vollkommen egal ist was die Menschen tun oder denken. Aber wie ich oben gesagt hat, obwohl die inneren Widersprüche des Kapitalismus zwangsläufig zu seinem Untergang führen, sind wir Menschen teil dieser Zwangsläufigkeit, nämlich weil wir dieses System nicht mehr zu ertragen bereit sind, und uns entscheiden es zu zerstören.

Wie kann das Ziel, die Organisationen der Massen für die Revolution und den Sozialismus zu gewinnen, erreicht werden?
Ich denke, ein wichtiges Problem der Revolutionäre in den letzten Jahrzehnten der Krise, in der die linke Bewegung steckt, ist es gewesen, sich vor allem auf sich selbst zu konzentrieren, die Auswertung vergangener Erfahrungen und die Klärung der Streitigkeiten untereinander. Versteh mich nicht falsch, all das ist auf jeden Fall wichtig. Aber die Notwendigkeit seine politische Arbeit schon heute nach dem auszurichten, was außerhalb unserer eigenen sehr kleinen Organisationen passiert, was die Probleme der ArbeiterInnenklasse sind, ist dabei vielleicht etwas zu kurz gekommen. Wir müssen uns immer wieder bewusst machen, dass wir KommunistInnen, die sich den Klassenwiderspruch bewusst gemacht haben, kein Ding der Zukunft sind, sondern schon heute gebraucht werden und schon heute Aufgaben haben.
Wie wir in unserer Gründungserklärung geschrieben haben, die Kommunistische Partei fehlt und „Jeder ungestrafte Lüge der Herrschenden, jeder Angriff der Faschisten auf unsere Klassengeschwister, jeder von den Gewerkschaften und der Sozialdemokratie verratene Kampf der ArbeiterInnenklasse, jeder Genosse und jede Genossin hinter Gittern und jede von der Polizei auseinandergetriebene Demonstration ist zugleich ein verzweifelter Ruf nach dieser Partei.“


www.komaufbau.org



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