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HUMAN PARASIT #17

HUMAN PARASIT #17
HUMAN PARASIT #17

HUMAN PARASIT #17
92 DIN-A-5-Seiten; €2,50.-
humanparasit@web.de
Bäppi steht lieber im Regen, als einen Tag ohne Schatten zu verbringen. Dafür berichtet er lieber aus dem Tagebuch eines werdenden Vaters. Häppchenweise schildert er auf amüsante, unterhaltsame Art über Windelgröße und Babyzubehör, Ultraschallerkenntnisse und potenzielle Namen für das ungeborene Baby, angelehnt an Helden seiner Kindheit (Oskar aus der Mülltonne).

Des Weiteren liefert er ein Ranking öffentlicher Reaktionen zu Caros Bauch, berichtet ferner von problematischen Behördengängen und weiß, dass "Planlose  Jugend" der Opener für Oskars ersten Geburtsstunden-Sampler sein wird. Hauptsache Deutsch Punk. Den zelebrieren auch TRASHGEFLÜSTER, die dir "die Synapsen aus der Stirn, die Hammelbeine lang und die Kauleiste lang ziehen". Die Combo bunkert das Bernsteinzimmer in ihrem Proberaum, findet Fun Punk überflüssig und fordert die LeserInnen auf, mehr Brecht zu lesen und die Zeichen der Zeit zu deuten. Diese werden von Bäppi und Arne im Auto erkannt, als sie zu einem BODYCOUNT-Konzert fahren, dabei Songtitel-Assoziationen anstellen und ihr Verhältnis zur Polizei erläutern. Richtig gruselig und gefährlich wird es aber erst mit Bäppis Top of the Flops, Peinlichkeiten auf Vinyl, die seine Plattensammlung schmücken. Dafür liebt er Kassetten. TKKG und Schwarze Katzen Kassetten sind sein Freund. So reist er auf Einladung gen Osten, um Tobis 2jähriges Geburtsgasfest beizuwohnen. Mit Deutsch Punk Spirit, Sprit und zu wenig Schleim-Keim-Platten geht's zurück in die Flohkiste. Ausgeruht debattiert er mit Alex (Pascow, Tante Guerilla, Kidnap Music) über Rezensionen. Was macht eine gute Rezension aus, was nicht, nach welchen Kriterien werden Fanzines bemustert und darf der subjektive Musikgeschmack eine objektive Beurteilung beeinflussen?
Bäppi erfährt seit Kurzem von der Existenz von WHITE DOG SUICIDE, für die Punk ist, "sich Problemen zu stellen", finden, dass "Punk für vieel Jungs nicht mehr so attraktiv ist, weil es das halt bereits eine Weile gibt", kennen keine Fanzines, finden diese aber cool.
Caro und Bäppi müssen sich abkühlen, gehen mit dicken Bäuchen ins Freibad, wo es nach ranzigem Fett, Sonnencreme, Chlor und Pipi riecht. PISSCHARGE ist nach Kassandras Beschreibung "a big shit that worked" und vergleicht Bands und Attitüden in Brasilien, die "to play Punk Rock for the sound and forget the essence".

Gesamteindruck:

Bäppi ist von Hannover auf Caros elterlichen Bauernhof nach Heinde umgezogen. Hier ist die Welt noch in Ordnung, auch wenn es machna,l so scheint, als wäre die Zeit stehen geblieben. Tofu und Soja sind exotisch wie Karambole oder Kumquat, Punk noch ein Schimpfwort und in der wohlausgewählten Mittelalteridylle ist Bäppi froh, gemeinsam mit Schwiegervater in spe in einem Loch mit Pisse, Kacke, ranzig gewordenen Erbseneintopf zu stehen. Landleben kann aufregend sein, gefährlich und seltsam. Genauso wie das Miterleben einer Schwangerschaft. Und natürlich Punk im Allgemeinen. Die Schnittmenge ist gleich. Und das Human Parasit ist nachhaltig, ökologisch und biologisch wertvoll wie die Situationen, in denen Bäppi sich (und Caro) hineinmanövriert. Insofern erinnert mich das Human Parasit mehr denn je an Onkel Heinis Geschichten aus "Neues aus Uhlenbusch", ein Dorf, das alles hat:  Eine Post, einen Tante-Emma-Laden, viele Bauernhöfe und einen Briefträger, der fröhliche, spannende und besinnliche Geschichten aus der Dorfidylle erzählt. Das Human Parasit ist längst ein Evergreen und demnächst sogar pädagogisch so wertvoll wie heute, das etwas Preziöses, ja leicht Hochstaplerisches innewohnt.