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Eine Demokratie stirbt

Wer die US-Wahl 2020 in den Medien oder im www verfolgt, mag sich ob der Bilder und Schlagzeilen wundern, wie emotional und radikal diese verläuft. Insbesondere der noch amtierende US-Präsident, Donald Trump, ist dabei, jeglichen Anstand zu verlieren, was auch das einzige sein dürfte, was er seiner Auffassung nach bereit ist, zu verlieren, denn: verlieren hat er nie gelernt.

Sein Vater hat es ihm beigebracht. „Du verlierst nie! Und wenn, lass' es so aussehen, als seien die anderen Schuld.“ Also reagiert Trump moralisch entfesselt und will eine drohende Niederlage nicht akzeptieren. Im Gegenteil. Trump hat die Mentalität eines spät pubertierenden Gang-Mitglieds. Wenn er seinen Willen nicht kriegt, schlägt er verbal um sich. Dort, wo er als Mensch an moralische Grenzen stößt, reagiert er unmoralisch. Und dort, wo er als Politiker an die Grenzen des demokratischen Rechtssystems stößt, reagiert er verfassungsfeindlich. Ein Polit-Rambo und wahnhafter Narzisst! Ein Politiker, der ein ganzes Land in 2 Lager spaltet, in Gut und Böse unterteilt und keine andere Meinung, außer die eigene, akzeptiert. Das ist umso gefährlicher, als dass sich seine Anhänger*innen zunehmend radikalisieren und motiviert sehen, als ‚gute Patriot*innen‘ die ‚wahren Werte‘ zu verteidigen...bis aufs Blut, mit Waffengewalt. Die Anhänger*innen von QAnon bspw., die Trump für einen Erlöser halten, einen Sektenführer, glauben, dass Trumps politische Gegner*innen Teil einer satanistischen pädophilen Weltverschwörung sind, die das Blut neugeborener Kinder trinken. In dieser Weltsicht ist Trump der Held, der sich diesen dunklen Mächten entgegenstellt. QAnon-Anhänger*innen suchen auch hierzulande seit der Corona-Pandemie den Schulterschluss mit der extremen Rechten, Reichsbürger*innen und rechten Esoteriker*innen. 

 Dabei inszeniert sich Trump selbst gern mit der Bibel vor der Kamera oder bezeichnet sich als den Auserwählten. Trump bedient eine Klientel, die Rassismus und Ausgrenzung betreibt. Seine rassistische Rhetorik verändert die Stimmung im Land. So forderte er die extrem rechte Gruppierung „Proud Boys“ auf, sich bereitzuhalten. Zuvor hat Trump den wahren Feind ausgemacht: die linke Antifa zerstöre demokratische Städte. Also marschierten bewaffnete rechte Milizen wie die „Proud boys“ in von Demokrat*innen regierte Städte und provozierten Gegenreaktionen, damit Trump sich als „Law and order“-Mann inszenieren kann.

 Zwei führende deutsche Journalisten analysieren jetzt in einem Buch (Klaus Brinkbäumer / Stephan Lamby: „Im Wahn. Die amerikanische Katastrophe“, C.H. Beck Verlag) und einer Fernsehdokumentation, was diese Wahl für die USA bedeutet. „Es haben uns Menschen in die Kamera gesagt, unter Nennung ihrer Namen: 'Wenn Donald Trump nicht wiedergewählt wird, dann wollen wir einen Bürgerkrieg!'“, sagt Klaus Brinkbäumer. Er und Stephan Lamby haben über ein Jahr lang recherchiert, mit vielen Insidern gesprochen und kommen zu dem Ergebnis: In Trumps Amerika kann mensch seit 4 Jahren beobachten, wie es ist, wenn eine Demokratie stirbt. 

 Das Ziel ist kein besseres Amerika, sondern das Ende. Dafür sorgen QAnon, Proud Boys (und andere rechte Milizen) und die Tweets von Donald Trump. Ein großes Gewaltpotenzial, das sich mehr denn je entfesselt und offen zutage fördert, was derzeit immer offensichtlicher wird. Amerika ist längst nicht mehr das Land der Freiheit, sondern ein gespaltenes Land voll Chaos, tödlicher Gewalt, Rassismus und politischer Verantwortungslosigkeit.