· 

„Trump befiehl, wir folgen!“

„Trump befiehl, wir folgen!“
Über (Neu)Rechte Inszenierungskonzepte

Die jüngsten Ereignisse im und um das Kapitol in Washington D.C. zeigen auf erschreckende und bezeichnende Weise, inwieweit das „Führer“-Prinzip im sogenannten Trumpismus festgeschrieben und zu einer Bewegung geworden ist, in der Trump-Anhänger*innen blindlings folgen und offensichtlich alles glauben, was Trump so von sich gibt.

Nun, glauben heißt nicht wissen und in Trumps Parallelwelt ist nur die eine Wahrheit von Bedeutung: seine eigene. Und die verkündet er seinen Anhänger*innen, die jede Lüge aufsaugen, jede Hetze kommentarlos mittragen und verbrecherische Taten ausführen, zu denen ihre Führungsfigur aufgerufen hat. Das Prinzip ist dabei sehr simpel: säe Zweifel und ernte die Früchte. Bedeutet: erschaffe eine Verschwörungsidee und pflanze diese in die Köpfe von Menschen, die ihn als „Erlöser“ anhimmeln, als wäre Trump Führer einer religiösen Bewegung, ein Prophet, der im Kampf zwischen Gut und Böse eine Nation (sic!) und ein Volk (sic!) vor dem Untergang rettet. Trump versteht es, ein Erwählungsbewusstsein auf sich zu konzentrieren, in dem nur er alleine als unaustauschbar, unantastbar und unauswechselbar ist. Der Sturm auf das Kapitol steht dabei symptomatisch für eine Klientel, die willens ist, den Trumpismus mit Gewalt als eine neue Religion zu verordnen, in der der Übermensch und das trotzige Riesenbaby im Grunde alles niederreißen will, was nicht in seine Gedankenwelt passt. Mit Eigenlob und Wut wird der Kult-Status befeuert.

Die Bilder des tobenden Mobs im Kapitol zeigen auch, inwieweit eine vermeintlich rechte Revolution medial erfolgreich sein kann. Bilder, die uns auch in Deutschland bekannt vorkommen. Am Rande einer Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen stürmte vor ein paar Monaten ein Mob mit rechten Symbolen die Treppen des Reichstags. Auch sie besetzten bewusst einen Ort mit symbolischer Bedeutung für die Demokratie. Eine Inszenierung, die auch Abgeordnete der AfD mitmachen, als sie im November rechte Aktivist*innen in den Bundestag einschleusen. Das Prinzip „Trumpismus“ ist also übertragbar auf (neu)rechte Bewegungen, die als Teil ihrer Inszenierung eine Art Event machen, sich und ihre Aktionen selbst live streamen, wo Menschen dabei sein können, auch wenn sie gar nicht vor Ort dabei sind, nach dem Motto: live dabei sein und aus allen verschiedenen Perspektiven zeigen, was geht. Rechte Hetze, Hass und Morde als Live-Stream, Gamification of Terror als ein reales Inszenierungskonzept mit High-Score-Bonuspunkten auf youtube, Twitch oder 8chan.

„Ich liebe euch, ihr seid besonders“ (Trump per Video-Botschaft an seine Anhänger*innen, die das Kapitol stürmten)

Der Trumpismus überlebt die eigene politische Figur, die Freiheit mit Ab- und Ausgrenzung verwechselt, die Waffen und Durchsetzung von Gewalt legitimiert gegen alle, die anders denken. Diese Art und Weise ist nicht neu. Think different („Denke das Andere“) war der Slogan einer Werbekampagne von Apple aus dem Jahr 1997. Hier hieß es:

An alle, die anders denken:
Die Rebellen,
die Idealisten,
die Visionäre,
die Querdenker,
die, die sich in kein Schema pressen lassen,
die, die Dinge anders sehen.
Sie beugen sich keinen Regeln,
und sie haben keinen Respekt vor dem Status Quo.
Wir können sie zitieren, ihnen widersprechen, sie bewundern oder ablehnen.
Das einzige, was wir nicht können, ist sie zu ignorieren,
weil sie Dinge verändern,
weil sie die Menschheit weiterbringen.
Und während einige sie für verrückt halten,
sehen wir in ihnen Genies.
Denn die, die verrückt genug sind zu denken,
sie könnten die Welt verändern,
sind die, die es tun.

Diese Worte könnten heute auch Slogan und Inhalt einer Pro-Trump-Veranstaltung sein. Später tauchten im Internet immer wieder Bilder auf, die die Apple-Werbung umkehren, etwa Bilder von Adolf Hitler mit einem Apple-Logo und dem Slogan „Think different“. Auch Trump nutzt dieses Konzept für eine Good Leadership, als Potenzial für einen Kult ohne Widerrede durch einen Machthaber, dem rechte Schlägertrupps angehören und von seinen Anhänger*innen nicht Loyalität, sondern bedingungslose Ergebenheit einfordert. Die Welt wurde Zeuge eines Deals nach dem Gefolgschaftsprinzip des Faschismus: Führer befiel, wir folgen!
Erschreckend sind die Parallelen zwischen NS-Zeit und dem Trumpismus. Hitler wie Trump gelang es, sich zum Symbol der „nationalen Erlösung“ zu stilisieren. Öffentliche Masseninszenierungen gewährleisteten und stabilisierten dieses Phänomen. Beide Rollen basieren maßgeblich auf dem Gehorsamsprinzip und dem Terror gegen alle inneren und äußeren Feinde. Ein Tabu-Bruch ist das schon lange nicht mehr! Die entscheidende Frage im Umgang hiermit, wird letztlich sein, wie die demokratischen Institutionen die Angriffe durch rechtsautoritäre Ideen abwehren können. Nicht nur in den USA, sondern überall. Es bracht also andere, alternative Ideen, die vermittelt werden. „Eine sozialistische Vision für die Gesellschaft, die den Neoliberalismus ablehnt und bekämpft, ist das beste Mittel gegen die Stärkung des rechten Autoritarismus, des autoritären Kapitalismus und des Faschismus.“ analysiert bspw. Christian Fuchs in „Digitale Demagogie: Autoritärer Kapitalismus in Zeiten von Trump und Twitter

Gleichzeitig sollten wir uns nicht lähmen lassen, denn der Drang, sich nicht entmündigen und beherrschen zu lassen und ein gutes Leben zu führen ist universal das beste Rezept gegen rechten Autoritarismus. Hierfür müssen auch strategische Allianzen gebündelt werden. Dabei ist die Suche nach neuen, vertieften Formen der Beteiligung und Selbstbestimmung eine wichtige, ja, notwendige Möglichkeit, um Antworten auf Gefährdungen der Demokratie zu finden. Im Gegenzug besteht die Gefahr einer diffusen Massenloyalität, die eine*n Passivbürger*in erzeugt, deren/dessen Entpolitisierung durch „Brot-und-Spiele“-Prinzip (etwa Konsum, Freizeit, Karriere) voranschreitet. Aber auch, dass Unzufriedenheit nicht als Indiz und Impuls zu werten ist, die eine Gesellschaft  nutzt, um die politische Landschaft radikal zu verändern.