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Turbulenzen, Wandel oder Wiederkehr des Gleichen?

Fünf Mal wurde die Vertrauensfrage in der Geschichte der Bundesrepublik bisher gestellt, zuletzt am 1. Juli 2005 vom damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder. Bundeskanzlerin Angela Merkel indes lehnte es ab, wegen ihres umstrittenen Corona-Managements im Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen. Wie eigentlich überhaupt alle Beziehungen, so funktioniert auch die zwischen Bundeskanzler*in und Bundestag nicht gut ohne Vertrauen.

Nun, was schließen wie hieraus?

 Die Vertrauensfrage ist ein politisches Instrument. Und: Die Vertrauensfrage ist eine Frage der Beziehung. Angela Merkel hatte die Menschen um Verzeihung für einen Fehler gebeten.
Nach einem schlimmen Fehltritt ist es mit einem „Tut mir leid“ nicht getan. Forscher*innen haben herausgefunden, was eine gute Entschuldigung ausmacht – nach der auch wirklich verziehen wird.
Sich zu entschuldigen ist nur eine der Komponenten. Die zweite ist, zu erklären, was genau aus der eigenen Sicht schiefgelaufen ist, die dritte, sich dafür uneingeschränkt verantwortlich zu erklären.
Wer wissentlich ein Vergehen beginnt, wird seltener verziehen, als jenen, die unwissend eine Dummheit verzapfen.
Gegen den bayerischen CSU-Landtagsabgeordneten und ehemaligen Justizminister Alfred Sauter wird in der sogenannten Maskenaffäre ermittelt, neue Korruptionsvorwürfe verdichten sich. Von Reue, Entschuldigung und Verantwortung keine Spur. In einer Beziehung wäre das bereits das Aus. Schuldig gesprochen aufgrund der Verfehlungen. Aber: Ist jemensch, der/die kein Verantwortungsgefühl hat, gleichzeitig eher in der Lage, eine Verfehlung/ein Verbrechen etc. zu begehen? US-Psychiater*innen und Psycholog*innen haben vor Donald Trump gewarnt und waren überzeugt, dass der ehemalige US-Präsident absolut gemeingefährlich und für sein hohes Amt unfähig ist. Aber: Der Mann erschien vielen Partei-Kolleg*innen als zu bedrohlich, sodass sie ihre anfängliche Zustimmung für diese Einschätzung  zurückzogen. Das kommt einer Billigung gleich, einer Akzeptanz eines Fehlverhaltens und der etwaigen Auswirkungen. In der Folge kommt es mitunter zu Rechtfertigungsversuchen und Herausreden im Umgang mit „gemeingefährlichen“ Menschen, um sich zu schützen und um sich weniger mitverantwortlich zu fühlen. Viele der Angeklagten in den Nürnberger Prozesse haben sich ebenfalls herauszureden versucht, dass sie doch lediglich Anweisungen befolgt hätten.
Nun ist die anfangs erwähnte Vertrauensfrage eine Frage des Vertrauens und vor allem eines: ein Machtmittel. Am Ende geht mensch selbstbewusst und gestärkt aus der „Affäre“, dem Konflikt oder es kommt zum Beziehungsbruch und Scherbenhaufen. In Italien kommt es relativ häufig zu Auflösungen des Parlaments, hervorgerufen durch Misstrauensanträge, und Neuwahlen. Letztendlich ist es offensichtlich eine Frage des Vertrauens, sich der Mitschuld, der Mitverantwortung zu stellen und sich aufrichtig für das eigene Fehlverhalten zu entschuldigen. Nur reicht das oft nicht aus. In Deutschland haben immer weniger Menschen Vertrauen in den Impfstoff AstraZeneca. Negative Berichterstattung und der kürzliche Impfstopp in mehreren europäischen Ländern schmälern das Vertrauen zusätzlich.
Eine langlebige Beziehung aufzubauen und zu erhalten, erfordert von allen Beteiligten viel Wohlwollen, Mut, Nachsicht, wechselseitige Verbundenheit, feste und verlässliche Zusagen – oder einfach: viel Vertrauen!

Doch wovon hängt das ab? Vom Bauchgefühl? Von Intuition? Von Erfahrung? Wer sich rein auf sein Bauchgefühl verlässt, ist gerade in Krisenzeiten, die Umbruchzeiten sind, oft verlassen. Vertrauen will verdient sein. Die gegenseitige Zusammenarbeit bringt einen Belohnungskreislauf in Gang, der oftmals ausreicht, um den anschließenden Verlockungen, egoistisch zu sein zu widerstehen. Das motiviert uns, miteinander zu kooperieren und den Nutzen aus dieser Zusammenarbeit zu ziehen. Wenn dieser (Eigen)Nutzen also das Resultat ist, verloren gegangenes Vertrauen wieder zu erlangen, können wir damit erklären, warum Kriege geführt werden und Beziehungen auseinandergehen.