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Wie werde ich Bundeskanzler*in?

Kurz vor der Bundestagswahl erscheinen nicht nur die drei Kandidat*innen Armin Laschet, Annalena Baerbock und Olaf Scholz unfreiwillig wie Kabarettist*innen, die sich – bis auf Scholz – andauernd für etwas entschuldigen, was andere ihnen begründet vorwerfen. Nein, mehr noch, bekommt der Wahlkampf mitunter absurde und bizarre Momente, die den Ernst der Lage ad absurdum führen.

Das ist bisweilen komisch, wenn Baerbock vor lauter Bäumen den Wald nicht sieht und in dem Naturschutzgebiet Biesenthaler Becken vor laufender Kamera die Orientierung verliert und die Klimafangemeinde und Presse in „Oderbruch“ Willkommen heißt. Das erinnert an die geografischen Unkenntnisse von Donald Trump, der von der „wunderschönen Stadt Belgien“ schwärmte und ansonsten die Sprache eines Viertklässlers benutzte. Das ist belustigend und allenfalls ein Patzer, kein Skandal, dass der Ruf und das Image einer Person und ableitend einer ganzen Partei zu Schaden kommen könnte. Doch DIE GRÜNEN hatten allerbeste Voraussichten, als Wahlsieger*in hervorzugehen, lag die Partei in Umfragen mal sogar noch vor der CDU/CSU, bis Baerbock sich selbst wiederholt politische Abstellgeleis manövrierte. Mit voller Kraft ins Fettnäpfchen trat auch Armin Laschet und agierte bei den Besuchen in den Hochwassergebieten  wie auf einem Junggesellenabschied. Einzig Olaf Scholz hält sich zurück, ist irgendwie immer zur Stelle und hat „Respekt für dich“ oder „packt es an“. Der „soziale Menschenversteher“ als lachender Dritter, der nette Kumpel von Nebenan, der noch vor dem G20-Gipfel 2017 in Hamburg versprochen hatte: „Seien Sie unbesorgt: Wir können die Sicherheit garantieren!" Kurz darauf bewies er, dass er offensichtlich realitätsfremd ist und tatsächlich meinte, es hätte keine Polizeigewalt gegeben, die Polizeieinsätze seien "besonnen" gewesen. Das ist umso zynischer, wenn man als Polizeiführung auf Konfrontation und Eskalation setzt und den Knüppel somit freier schwingen lässt.

 Und während Baerbock im vermeintlichen falschen Wald umherspaziert, steht Olaf Scholz im Wirecard-Skandal im Nebel. Sein Name mag Hase sein und Laschet ein Elefant im Porzellanladen. Aber wenn diese 3 potenzielle Bundeskanzler*innen-Kandidat*innen sich weiterhin so präsentieren, als wäre Offenkundiges etwas, dass es unfreiwillig zu pointieren gilt, was sich bei allen drei Kandidat*innen mit Worten und Verhalten ableiten lässt, dann gehe ich davon aus, dass der Bundestag zukünftig wie in einem HARIBO-Werbespot zu einem Sehnsuchtsort verkommt. Ein Sehnsuchtsort, der seit jeher die Fantasie beflügelt. Das lässt den Verstand zweifeln, die Ernsthaftigkeit, Detailwissen, Moral und Empathie. Detailwissen, wo es unwichtig ist, Unwissen, wo es wichtig wird. Und mit dieser Erkenntnis ist der sogenannte „Wahlkampf“ eher ein Possenspiel, ein Till Eulenspiegel‘scher Schalk. „Ein Narr kann mehr verneinen, als zehn Gescheite behaupten können“ heißt ein Sprichwort. Nun, am Ende mag alles nur ein Spaß gewesen sein. Kluge Imageberater*innen werden die Genialität der Kandidat*innen loben. Im Grunde aber spielt das alles denjenigen in die Hände, die in Corona-Zeiten ihre ganz eigenen Theorien und Radikalisierungsphasen entwickeln, in denen sich hoffen ließe, es handle sich um ein Possenspiel. Wahrscheinlich aber sind es wieder die Märtyrer*innen, die länger leben, als es ihre Rolle zusteht. Corona und Klima sind die zentralen Inhalte, die – wie vor 4 Jahren die sogenannte Flüchtlingskrise – den Ausgang der Wahl mitbestimmt. Und was haben „Fridays for future“- und die „Querdenker-Bewegung“ gemein? Auf der Straße wird die Wahl gewonnen. „Auf der Straße gewinnt der/die Stärkere.“ Und die Straße ist die Wohnung des Kollektivs. Hier trifft Taxifahrer*in auf Neo-Nazi, Antifa auf Rollstuhlfahrer*in. Präsident Putin meinte im Oktober, 2018 wer Russland nuklear angreifen wolle, müsse wissen, dass „wir wie Märtyrer ins Paradies kommen, während sie einfach verrecken“. Die Herrschaft der Straße ist hart umkämpft. Das sollten sich Laschet, Baerbock und Scholz mal verinnerlichen, ansonsten verkommt die Wahl zu einem Haribo-Werbespot mit kids-voices untertitelt.