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Black Cat Zine #2

Black Cat Zine #2
Black Cat Zine #2

Black Cat Zine #2
168 Seiten, €8,50.-
https://www.facebook.com/blackcattapes161/
Tini und Tobi haben erneut ein keines Meisterwerk geschaffen. Wobei: sie hatten viele Helfer*innen bzw. Mitschreiber*innen zum Buch-Projekt gewonnen, denn der meiste Teil sind Gastbeiträge und sollen so auch die vielfältigen, subkulturellen, politischen Aktivitäten aus unterschiedlichen Perspektiven repräsentieren. Denn das ist die Agenda: „empowernde Dinge mitnehmen, die den Impuls geben, sich und andere zu reflektieren.“

Für Musiker*innen ist bspw. der Text von C-NOXE ein diskursorientiertes Thema, stellt dieser Text doch reflektierende und rhetorische Fragen, wie du dich selbst siehst, wo du stehst. Tja, leider schafft es C-Noxe nicht, die Thesen mit Beispielen zu untermauern, bzw. verkommen die Fragen zu inhaltsleeren Floskeln. Auch Nils verheddert sich, seine Liebe zum Heavy Metal zu erklären, erklärt aber zumindest, warum er das Gefühl hat, irgendwo reinpassen zu müssen und wünscht sich klare Statements gegen Nazis in der Metalszene anzugehen.
Kalli Krawalli findet mit der Suchmaschine keine Lieder über Sex im Deutschpunk. Kalli, ich kann die da gerne weiterhelfen. BOSKOPS: Sex, Sex, Sex; CRETINS: Samen im Darm...weitere könnten folgen, aber ich will nicht an seiner Schieflage werkeln. Spannend wird es für mich erst mit der Geschichte zu Hausbesetzung und Antifa in Potsdam. Die 1987 in Opposition zum SED-Staat gegründete Potsdamer Antifa-Gruppe hatte im Dezember 1989 mit der Dortustraße 65 die erste offizielle Hausbesetzung in Potsdam initiiert und blieb auch in den Jahren danach eine treibende Kraft in der Szene. Die Anzahl der Hausbesetzer*innen wurde von der Stadt Anfang 1994 auf 200 bis 250 geschätzt. Die Besetzer*innen haben die Kultur geprägt mit der linksalternativen Rathaus-Fraktion Die Andere, die von Aktivist*innen der Besetzer*innen-Szene und einem Abtrünnigen der SPD formiert wurde, mit dem SV Babelsberg 03, der unter dem Einfluss von Punks und Besetzer*innen aus der Innenstadt zum „FC St. Pauli des Ostens“ wurde.
Bäppis Schwiegervater hat das System gefickt, während Achim im freiLand Potsdam arbeitet und sich privilegiert fühlt. Auf 14 Seiten gibt Achim Einblicke über die Vielfalt des selbstorganisierten Jugend- und Soziokulturzentrums und die Konflikte mit der AfD bzw. den Umgang damit. Stemmen von NOTGEMEINSCHAFT PETER PAN erinnert an Semra Ertan, die sich 1982 sich aus Protest gegen Rassismus öffentlich selbst verbrannte. Toffke erinnert an den Neonaziangriff auf das Konzert im Konzertkeller, Hoyerswerda, 1993. Sein Bruder Frank arbeitet das Geschehen im Interview auf. Seiten später schildert Fini das „Lost Boy“-Syndrom (s.a.: taz blog: Eine philosophische Werkzeugprüfung anhand gesellschaftlicher und politischer Phänomene), Beziehungen zwischen Lost Boys und ihren gar nicht losten Frauen und erkennt das Problem im Patriarchat.


Gesamteindruck:

Die Themen umreißen die Sparten Anti-Rassismus, Anti-Sexismus, Antifa-Sport, Punk und Freiraumpolitik. Aufgrund der Vielzahl an Gastbeiträgen und Themen gibt es viele Denkanstöße, Diskurse, aber auch kurzweilige Unterhaltung. In dieser Form ist das BLACK CAT Zine einzigartig und ein nachhaltiges Referenzwerk für Gemeinschafts- und Handlungs-Strategien, die in den  Alltag einfließen können.