
SEX FACES
Bad Vibes Ost LP
Slovenly Recordings
Im verklebten Hinterhof von Washington D.C., wo Kabel über Bierpfützen schleifen und jede Steckdose ein Stromschlag sein könnte, haben SEX FACES ihr Debütalbum gezündet: BAD VIBES OST. Kein
Hochglanz, kein Kompromiss. Das ist Musik wie ein Stromausfall im Kopf – laut, dreckig, unberechenbar. Eine Band, die mit chirurgischer Präzision Chaos produziert und dabei scheißegal findet, ob
du’s verstehst oder nicht.
Stell dir vor, du stehst mitten im Proberaum, das Neonlicht flackert, Schweiß tropft von der Decke – und SEX FACES spielen, als würden sie sich gegenseitig aus einem Dämonenrausch prügeln. Jacky
Cougar (Des Demonas, Thee Lolitas) trommelt, als wollte er die Welt verkloppen. Sal Go (Stop Worrying & Love the Bomb, The NVs) zerlegt mit der Gitarre jede Hoffnung auf Harmonie – rotzig,
hart, fast schon sadistisch. Hana Racecar (Tadzio, Coven Tree) zerrt die Viola aus der Kammermusik-Ecke und lässt sie spucken und beißen. Und FiFi Allin (TK Echo, Et At It) knallt den Bass, als
würde er durch Wände fahren.
Der Sound? Stell dir vor, Velvet Underground hätten in einer versifften Garage im Drogenentzug gesessen, The Fall hätten ihnen sarkastische Notizen zugesteckt, und The Damned hätten sie
angefeuert, alles in Brand zu setzen – mit dem Dreck unter den Fingernägeln von Royal Trux als letzter Schliff.
„Wir machen Lärm für kaputte Leute“, sagen sie. Und ja – das stimmt. Aber BAD VIBES OST ist so infektiös, dass du dich kaum dagegen wehren kannst. Nach ihrer Young Team EP haben sie sich mit Dan
Angel eingeschlossen und ein Gewitter aus Garage-Dreck, No-Wave-Kante und Post-Punk-Wut eingefangen. Gemastert von Jim Diamond (Ghetto Recorders) klingt das Ganze, als würde dir jemand ein altes
Radio auf voller Lautstärke direkt ans Ohr nageln.
„Ultraviolence ist wie ein Flashback im Loop – deine Welt crasht immer wieder, und du gewöhnst dich nur auf krumme Art dran“, sagt Sal. Diese Spannung zieht sich durch die ganze Platte. Can’t Do
That ist ein feministischer Wutschrei, begonnen von Jacky, beendet von Sal – mit Visionen von aufgestellten Galgen für Arschlöcher in Anzügen. Oder S.C.U.M: „Ich war total stoned, lag im Bett,
schmierte Ziegenkäse auf Tostitos und las Solanas’ Manifest. Ich glaub nicht an Geister, aber sie hat mir eine Zigarette ins Auge gedrückt“, sagt Sal. „Wir haben ihren Cousin angerufen – der hat
sofort aufgelegt.“
Auch der Titel Can’t Do That ist ein Unfall mit Stil. Jacky dachte, Lemmy hätte gesagt „You Can’t Do That“, als er bei Hawkwind aufschlug. Tatsächlich hieß der Song You Shouldn’t Do That. Aber so
entstehen Legenden: durch falsch verstandene Erinnerungen auf LSD.
Johnny and Moz? Eine Beziehung, die klingt wie eine Schlägerei im Schlaf. Comfort Man und Special/Lame? Abrechnungen mit echtem menschlichen Müll. Der Hass ging so tief, dass Bens Vater ans
Flöten-Mikro durfte – und drei erbärmliche Takes später klang es immer noch wie Reue auf Rädern.
Wenn dein Rock ’n’ Roll nach schlechtem Sex, durchgemachten Nächten und halbvergessenen Drohungen schmecken soll, dann ist BAD VIBES OST dein Album. Es ist Stooges mit rostigem Messer, Nick Cave
ohne Sakko, Pussy Galore mit Dauerpuls und The Gun Club ohne Rücksicht auf Verluste – alles durch den Filter einer Band, die ihre eigenen Regeln mit Benzin überschüttet und anzündet.