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Chaos mit Herz

Gestern mit Janine im Bremer Viertel. Erst lecker essen draußen im „Vengo die Gemüseküche“, dann Kneipenkonzert im „Eisen“ mit dem Akustik-Punk-Duo „Schreng Schreng & La La“  (Moin Jörkk) und nette Gespräche mit fremden und vertrauten Menschen – draußen wie drinnen. (Gruß an Nan Do, Eisen-Betreiber!) Und drinnen: Hallo Rookie-Jürgen aus Hamburg.

So geht Viertel: essen, trinken, reden, hören – und irgendwann merkt man, dass man mitten drin hängt, statt nur zu Besuch zu sein.

Wer Bremen verstehen will, muss nicht ins Rathaus, sondern an die Sielwallkreuzung. Hier trifft alles aufeinander: Döner und Falafel, Thai Curry mit Aperol Spritz und Ingwer-Gedöns. Essen auf die Faust, Trinken auf Ex, und drumherum eine Kulisse aus Bier, Kippen und Menschen, die aussehen, als wären sie aus einem Casting für „Großstadt in anstrengend“ geflohen.

Das Eisen bollert seine kleinen, aber feinen Punkkonzerte raus – klein, kuschelig, manchmal so schräg, dass es schon wieder passt. Um die Ecke die Lila Eule, die gern bis in den Morgen feiern würde, aber brav um 23 Uhr dichtmacht, weil die Nachbarn schlafen wollen. Revolution, aber bitte leise.

Und vorm Eisen? Da zoffen sich Saufis, torkeln auf die Straße, blockieren mit ihren Dramen den Verkehr – nur um sich dann auf dem Asphalt tränenreich zu versöhnen. Während Autofahrer hupen und genervt die Hände heben, liegt die Liebe eben dort, wo sonst die Straßenbahn rumpelt.

Dazwischen stolpern Sauftouristen herum, Schnorrer mit Sprüchen auf Endlosschleife, Typen, die mit sich selbst diskutieren, und Schickimicki, die Aperol wie eine Eintrittskarte zur Subkultur hochhalten. Und mittendrin: das Lagerhaus, das versucht, Subkultur, Punk und Diversität unter ein Dach zu pressen – und damit die vielleicht schrägste, aber ehrlichste Kulturkneipe der Stadt ist.

Und dann gibt’s uns: Janine und mich. Vom Land. Mit Club Mate und Fritz Cola in der Hand, weil wir uns nicht trauen, ins Bier- oder Aperol-Lager zu wechseln. Wir stehen da, gucken, staunen, und fühlen uns wie Komparsen in einem Film, dessen Drehbuch jeden Abend neu geschrieben wird.

Und vielleicht ist das das Geheimnis dieser Kreuzung: Hinter all dem Lärm, Schmutz und Wahnsinn schlägt ein Herz. Laut, unregelmäßig, manchmal überdreht – aber immer echt.