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AIB #121

AIB #121
AIB #121

AIB #121
64 DIN-A-4 Seiten; € 3,50.-
AIB, Gneisenaustr. 2a, 10961 Berlin
https://www.antifainfoblatt.de/
Der Schwerpunkt "Rechte Security" legt offen, wie das Netzwerk im Sicher­heits- bzw. Security-Bereich als eine der wahrnehmbaren Dreh- und Angelpunkte einer sogenannten Misch­szene aus organisierter Kriminalität, Rocker- und Kampfsportstrukturen funktioniert.

Einige Bereiche des Security-Business sind alltäglicher Begegnungs-, Austausch- und Wirkungsort, wo sich private und gewerbliche Sphären überschneiden. Neonazis sind bspw. als Wachpersonal in Unterkünften für Geflüchtete, als Fahrkartenkontrolleure oder an Clubtüren tätig, agieren rassistisch, drangsalieren und schikanieren Betroffene. Möglich macht das zum einen eine Unterbesetzung im Sicherheits-Personalbereich,  Rückzug staatlicher Autorität zugunsten privater Anbieter, zum anderen eine professionalisierte und spezialisierte Vorgehensweise seitens der extremen Rechte, hier Einfluss zu nehmen. Rassistische Zuschreibungen und Bilder werden zudem während der Security-Ausbildung und in dieser angewandten Literatur  vermittelt.
Gesamtgesellschaftliche Debatten zur Sicherheit im Kontext Migration, Asyl, Integration und Kriminalität spielen rechte Akteure in die Hände. Kampfsportvereine wie "K4 Alliance" in Brandenburg bieten bspw. Sicherheitsausbildungen und -kurse an. Mediale Berichterstattungen mit geschürten Ängsten und Sorgen verstärken die rassistische-ideologische Botschaft, dass Frauen*, das Volk, die Nation beschützt werden müssen/muss, und dass der Staat allein nicht in der Lage ist, diese Sicherheit zu gewährleisten/garantieren. Demzufolge erhöht sich die Wirkungsermächtigung der Neonazis, wie sie in Kandel, Freital, Heidenau, Köthen, Chemnitz erfolgreich zu beobachten ist. Am Beispiel sogenannter Bürgerwehren wird deutlich, wie die extreme Rechte Narrative der Verteidigung zur Rechtfertigung ihrer rassistischen Aggressionen ausnutzt. In ihrer Strategie inszenieren sich rechte Bürgerwehren als Schutzmacht als Ersatzpolizei, die sich selbst legitimiert, zu entscheiden, welche Orte für welche Menschen (nicht) risiko­frei zugänglich sind, verbale und nonverbale Gewalt gegenüber Menschen aus Einwandererfamilien und Nicht-Rechte anwenden, diese als "Notwehr" deklarieren, um in der öffentlichen Wahrnehmung auf Verständnis und Unterstützung zu hoffen. Diese Form systemstabilisierender Selbstjustiz nichtstaatlicher Akteure mit vorgeblich protektiven Motiven beschreibt der Begriff des Vigilantismus, der in einem Artikel erklärt wird und schlussfolgert, dass "mittlerweile auch aus der Alternative für Deutschland Bürgerwehren unterstützt und zur Inszenierung im Wahlkampf genutzt werden".

Gesamteindruck:

Insbesondere für rechte Akteure ist die Inszenierung als Bürgerwehr attraktiv, weil sie sich dadurch öffentlich als aktive MacherInnen präsentieren können, die etwas tun - beispielsweise gegen eine angebliche Massenkriminalität durch Geflüchtete. Gerüchte, Ängste und Vorurteile aus Teilen der Gesellschaft werden übernommen und für eigene Zwecke instrumentalisiert. Dass es sich hauptsächlich als politische Inszenierung handelt, belegen die virtuellen Aktivitäten dieser Bürgerehren-Gruppen, die selten Aktionen durchführen, aber durch die Präsenz in den sozialen Netzwerken eine öffentliche Aufmerksamkeit erlangen und politische Ziele verwirklichen wollen.
Anders sieht es in dem Security-Businsess aus. Private Sicherheitsdienste stehen immer wieder in der Kritik, oft wegen Gewalttätigkeiten, Misshandlungen, haben Verbindungen in die rechte Szene, nutzen eine bürgerliche Fassade, um den Schutz der Allgemeinheit zu gewährleisten. Tatsächlich sind insbesondere im Security-Business extrem rechte Akteure und militante Neonazis aktiv. Neonazis verdienen mit ihren Sicherheitsfirmen Geld, indem sie Flüchtlingsunterkünfte bewachen. Mit Verbindungen zu Rockern, Hooligans oder politisch motivierter Kriminalität agieren extrem rechte Sicherheitsfirmen und ihre Akteure, um Leute einzuschüchtern und rechte Botschaften zu verbreiten, Macht und Dominanz auszuüben. Die relativ niedrigen Zugangskriterien macht es für die extreme Rechte besonders attraktiv, im Security-Buisness aktiv zu sein.
Umso wichtiger, dass aus antifaschistischer Perspektive die Aufklärungsarbeit fortzusetzen ist, Öffentlichkeit und Druck zu schaffen, einen rechten Personenzusammenschluss im Wachschutzgewerbe bekannt zu machen und darauf hinzuwirken, dass keine Aufträge an Security-Firmen vergeben werden, die Neonazis beschäftigen oder selbst von Neonazis gegründet worden sind.