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Frontex auflösen!

(Photo: MW283 CC BY-SA 2.0)
(Photo: MW283 CC BY-SA 2.0)

Seit Jahren werden die Crews der Sea Watch-Luftaufklärungsmission Airborne im zentralen Mittelmeer wiederholt Zeug*innen des völkerrechtswidrigen Handelns der europäischen Grenzschutzagentur Frontex. Auch gestern flogen die Aktivist*innen wieder eine Mission über der libyschen Such- und Rettungszone, um sicher zu stellen, dass das zentrale Mittelmeer auch während der Wintermonate nicht zu einem blinden Fleck wird.

Foto: Friedrich Bungert
Foto: Friedrich Bungert

Laut Genfer Flüchtlingskonvention und europäischem Menschenrecht ist es nicht erlaubt, Menschen in Staaten zurückzubringen, in denen ihnen Folter oder andere schwere Menschenrechtsverletzungen drohen. Zu jenen Staaten zählt auch das Bürgerkriegsland Libyen. Da diese aktiven Zurückweisungen explizit verboten sind, hilft Frontex stattdessen bei sogenannten „Pull-Backs“, mit denen Geflüchtete nicht von EU-Einheiten selbst, sondern von der EU-finanzierten sogenannten libyschen Küstenwache nach Libyen zurückgebracht werden.

Mit anderen Worten:

Die EU lagert die Drecksarbeit ihres tödlichen Grenzregimes einfach aus. Verantwortlich ist sie aber trotzdem, denn diese Pull-Backs werden nicht selten aus der Luft unter Beteiligung von Flugzeugen der Grenzschutzagentur eingeleitet. “Das ist als würde man einen Auftragsmörder engagieren und anschließend behaupten, man habe mit dem Mord nichts zu tun gehabt” so Felix, der seit Jahren als Teil der Flugzeugcrew eben diese Praxis aus der Luft mitbeobachtet.

Die Airborne Crew bezeugt einen Pull-Back der sogenannten Libyschen Küstenwache
Die Airborne Crew bezeugt einen Pull-Back der sogenannten Libyschen Küstenwache

Bei solchen völkerrechtswidrigen Praktiken ist es kein Wunder, dass Frontex mit allen Mitteln versucht, Informationen vor der europäischen Zivilbevölkerung zurückzuhalten. Nicht nur leugnet Frontex nach wie vor die von ihnen verursachten Menschenrechtsbrüche, die Agentur geht aktuell auch aktiv gegen Menschen vor, die Licht in die dubiosen Machenschaften von Frontex bringen wollen. Nachdem Aktivist*innen im letzten Jahr eine Auskunftsklage gegen Frontex verloren hatten, stellte Frontex ihnen Anwaltskosten im 5-stelligen Bereich in Rechnung. Frontex klagt dieses Geld nun ein, um an den Aktivist*innen ein Exempel zu statuieren und auf Nummer sicher zu gehen, dass sich in Zukunft niemand mehr traut, Transparenz einzufordern. Eine Grenzschutzagentur, die im Auftrag der Europäischen Union mit undurchsichtigen Methoden Schutzsuchende an Europas Grenzen abweist und an Menschenrechtsverletzungen beteiligt ist, ist nicht haltbar!

Foto: Viktor Poisson
Foto: Viktor Poisson

Der gestrige Tag der Migrant*innen mit einer traurigen Bilanz: Europa ist Schauplatz ständiger Verletzungen der Rechte von Flüchtenden geworden. Wir sind fassungslos, dass auch in diesem Jahr bereits mindestens 1000 Menschen auf der Suche nach einem sicheren Leben ertrunken sind und Tausende mehr bei ihrem Versuch, das Mittelmeer zu überqueren, zurück ins Bürgerkriegsland Libyen verschleppt wurden.

Es muss klar benannt werden: Die humanitäre Krise an den EU-Außengrenzen ist kein Zufall, sondern politischer Wille und Teil der rassistischen, europäischen Migrationspolitik! Frontex ist nichts anderes als das klägliche und menschenverachtende Produkt der seit Jahren von der EU betriebenen Abschottungspolitik.

Mit Hilfe der Daten, die die Airborne-Crew von der Luft aus erhebt, können Akteure wie Frontex für ihre Menschenrechtsverletzungen zur Verantwortung gezogen werden. Die Arbeit soll so auch jenen eine Stimme geben, die ihr Leben auf der Überfahrt verlieren oder mit Beteiligung der EU daran gehindert werden, Europa sicher zu erreichen. Darum bleiben Sea Watch und die Airborne-Crew als ziviles Auge auch 2021 über dem zentralen Mittelmeer aktiv und fordern: Frontex auflösen!