Um die Haltung von sogenannten Nutztieren in Deutschland zu verbessern, hat der Deutsche Tierschutzbund die Bundesregierung zu einer Extraabgabe auf Fleisch aufgefordert. Doch kann eine „Fleischsteuer“ das Tierwohl fördern und/oder mithelfen, dass bewusster konsumiert wird und/oder den Klimaschutz zu verbessern?
Starker Gegenwind in der Debatte kommt aus Niedersachsen. Agrarministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) ließ am Mittwoch mitteilen, sie halte es für zielführender, den/die Verbraucher*in zu schulen
und ihn/ihr in die Lage zu versetzen, beim Fleischkonsum bewusste Entscheidungen zu treffen. Kurios: Sie ist selbst Milchbäuerin. Ihr Mann ist Milchbauer. Sie ist Unterstützerin der Tierlobby und
betreibt Klientelpolitik. Barbara Otte-Kinast plädiert für eine „Nutztierhaltungsstrategie“1. Von Zielvorgaben für die Bauern oder
Verboten hält sie nichts. Im Großen und Ganzen serviert das Strategiepapier altbekannte Positionen. So sei die Erzeugung tierischer Produkte für die deutsche Landwirtschaft wirtschaftlich
unverzichtbar, der Export in EU- und Drittstaaten eine wichtige Säule. Das Leitprinzip der „verbindlichen Freiwilligkeit“ soll aus rein wirtschaftlichen Ausbeutungsverhältnissen davon ablenken,
dass ordnungsrechtliche Leitplanken seitens der Politik eine Einmischung in die Tierausbeutungsindustrie zur Folge haben. Mit erheblichen Folgen und Konsequenzen wie Kontrollmechanismen und
Sanktionen für diese. Im Gegenteil propagiert das ‚Strategiepapier‘ doch eine Selbstverständlichkeit und Unverzichtbarkeit des Konsums tierischer Produkte: „(...)tierische Erzeugnisse [sind] bei
gesundheitsbewusster Ernährungsweise selbstverständlicher Teil des Speiseplans“.2
Hier wird deutlich, dass es weniger um das Tierwohl als vielmehr um wirtschaftliche Interessen geht. Und so sind die Forderungen für eine Verteuerung von Fleisch zunächst eine aus vegane
und tierrechtliche Sicht vorbildliche Sache. Ich denke, dass in persönlichen Befragungen niemensch Tierleid unterstützen will. Aber kaum jemensch ist hierunter auch bereit, mehr Geld für
Fleischprodukte auszugeben oder ganz auf Fleischkonsum zu verzichten, denn nach wie vor gilt: Currywurst, halbes Hähnchen und Rinderrouladen sind die Verkaufsschlager zum Beispiel in deutschen
Kantinen – obwohl all diese Produkte aus konventioneller Haltung stammen. Für kein anderes Konsumgut der Welt wird so viel Land benötigt wie für die Herstellung von Fleisch, 77 Prozent des
globalen Agrarlands3.
Wie kann mensch die Menschen also dazu zu bewegen, wirklich mehr Geld für Fleisch aus besserer Tierhaltung auszugeben? Durch eine Fleischsteuer? Bisher gilt für Fleischprodukte der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent. Für vegetarische und vegane Produkte wie bspw. Haferdrink werden dagegen mit 19 Prozent besteuert. Daran wird deutlich, wie absurd das Ausbeutungssystem ist. Aber eine angepasste Mehrwertsteuer-Erhöhung auf Fleischprodukte wird nicht zu einem veränderten Konsumverhalten führen. Auf die Freiwilligkeit der KonsumentInnen zu setzen, ist eine Farce, aber auch eine zugleich beliebtes Argument der AgrarministerInnen, die oft selbst an der Tierausbeutungsindustrie beteiligt sind, um die Agrarpolitik gesetzlich neu und radikal zu regeln. Eine Erhöhung und Anpassung der Fleischprodukte sind zwar eine schnell durchführbare Maßnahme zur Reduktion des Konsums tierischer Nahrungsmittel. Aber die Tierausbeutungsindustrie wird nicht verpflichtet, etwas zu ändern. PETA fordert, „die Steuereinnahmen für Aufklärungskampagnen über die Folgen des Konsums tierischer Produkte zu verwenden, (damit) die Bürger nicht in die Irre geführt werden, dass ein paar Zentimeter mehr Platz für die Tiere die Probleme der tierischen Landwirtschaft lösen würden.“4
In der sogenannten Nutztierhaltung wird auf die Bedürfnisse und Ansprüche der Tiere gar keine Rücksicht genommen. Der Anfang und das Ende sind immer gleich. Tiere leben in Gefangenschaft, werden
ausgebeutet und am Ende getötet. Ob mit Biosiegel oder ohne. Haltung, Nutzung und Tötung von Tieren zur Nahrungsmittelproduktion sollten ganz eingestellt werden. Das ist keine radikale Forderung,
sondern eine logische, konsequente Haltung, die aus den Missständen aus Ernährung und Landwirtschaft resultiert. Denn zurzeit ist die stets wachsende Tierproduktion eines der größten ökologischen
Probleme weltweit und für Klimawandel und mehrere ökologische und soziale Probleme mitverantwortlich. Staatlich gefördert werden sollten bio-vegane Landwirtschafts-Modelle. Denn
die sind die Lösung des Problems, schonen Ressourcen und die Umwelt. So lassen sich Tierausbeutung wirklich verhindern. Und diese Modelle sollten stärker in den Fokus rücken, als
„Nutztierhaltungsstrategien“ und Fleischsteuer.
Artgerecht ist nur die Freiheit!
Fußnoten:
1. Online abrufbar unter: https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Broschueren/Nutztierhaltungsstrategie.pdf?__blob=publicationFile ↩
2. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2017): Nutztierhaltungsstrategie. Zukunftsfähige Nutztierhaltung in Deutschland; Seite 48 ↩
3. Quelle: Fleischatlas 2018
online abrufbar unter: https://www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/massentierhaltung/massentierhaltung_fleischatlas_2018.pdf
↩
4. Geld für Aufklärungskampagnen: PETA-Statement zu einer Fleischsteuer in Deutschland: http://www.peta.de/Fleischsteuer ↩