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LOTTA #80

LOTTA #80
LOTTA #80

LOTTA #80
68 DIN-A-4-Seiten; € 3,50.-
Lotta, Am Förderturm 27, 46049 Oberhausen
www.lotta-magazin.de
In der aktuellen Schwerpunktausgabe thematisieren, analysieren und skizzieren die Autor*innen den gesamtgesellschaftlichen, behördlichen und politischen Umgang mit der Antifa.

Britta Kremers bringt das Problem in der Einleitung auf den Punkt: "Menschen, die entschlossen gegen die extreme Rechte protestieren, werden ebenso wie Neonazis als Extreme von einer vermeintlich demokratischen Mitte abgegrenzt." Mehr noch: Antifa wird häufig als Synonym für "gewalttätigen Linksradikalismus" benutzt. Darüber hinaus werden linke Gewalttaten und Krawalle aufgezählt, die thematisch zunächst nichts mit Antifaschismus zu tun haben.
Donald Trump und die AfD haben eines gemeinsam: Sie wollen die Antifa verbieten. Dabei ist Antifa keine Organisation. Lina Hentschke und Pia Gomez erläutern rechte Strategien im Umgang mit Antifa und Antifaschismus an historischen Beispielen (Italien, NS-Ära) und klassischen Anti-Antifa-Konzepten. Um die Diffamierung von Antifaschismus wirkunsgsmächtig etwas entgegenzusetzen, fordern Pia und Lina "Solidarität und das gemeinsame Ziel, extrem rechter Ideologie in dieser Gesellschaft keinen Raum zu geben".
Alex Wißmann beschreibt das Konzept und die Praxis der militanten Anti-Antifa, die ab 1992 als Appelle in neonazistischen Fanzines starteten. Der Terminus "Anti-Antifa" tauchte erstmals 1972 in der 1951 von Arthur Ehrhardt (ehemals SS-Hauptsturmführer und Chef der "Bandenbekämpfung" im Führerhauptquartier, gegründeten Monatszeitschrift "Nation Europa") auf. Antifaschismus, so war im "Plädoyer für einen Anti-Antifaschismus" zu lesen, sei "der geniale Trick zur Entmündigung der Menschheit". Hauptziel der "Anti-Antifa"-Aktivitäten sei die Bekämpfung der politischen Gegner (Sammlung und Veröffentlichung von Namen, Telefonnummern und Adressen Andersdenkender mit der Aufforderung, gegen diese vorzugehen). Heute werden Anti-Antifa_Aktivitäten weniger von extrem rechten Gruppierungen öffentlich praktiziert, als dass das Sammeln und Verbreiten von Informationen von Politiker*innen, Journalist*innen, Gewerkschafter*innen und Einzelpersonen, die sich gegen Rechts engagieren, von rechten Netzwerken, auf Plattformen und Messengerdiensten betrieben wir wie von NSU 2.0, "Nordkreuz", "Corona-Rebellen", Bruderschaften, Bürgerwehren.
Polizist*innen wie David Maaß sind eine Ausnahme. In einem Facebook-Post bezeichnete er sich als „Antifaschist“. Dann wurden dienstrechtliche Schritte gegen ihn eingeleitet. Der wohl am heftigsten diskutierte Satz aus deinem Post lautet: „Die AfD ist eine der geistigen Brandstifterinnen des Rechtsextremismus; sie ist keine Alternative, sondern eine Schande für Deutschland!“. Johannes von Meppiun untersucht in seinem Artikel, warum das Feindbild Antifa in der Polizei so ausgeprägt ist. Ein Grund mit ist, dass "die Antifa" als Sammelbegriff für eine "gewalttätige radikale Linke dient", welches in polizeigewerkschaftlichen Zeitungen (re)produziert wird.

Gesamteindruck:

Seit dem Angriff auf die Synagoge von Halle, dem rassistischen Massaker von Hanau und dem Tod George Floyds in Minneapolis sind in Deutschland neue antirassistische Bündnisse und Gruppen entstanden. Dabei ist Antifaschismus die staatsbürgerliche Grundhaltung, die Mitte der Gesellschaft, die wir alle vertreten müssen. Im Gegenzug diskreditiert heute vor allem die AfD genau das: Staatsbürgerlichen Aktivismus mit linkem Extremismus gleichsetzen. Was Donald Trump in den USA versuchte, die Antifa zu kriminalisieren und als Terrororganisation einzustufen, wird hierzulande von der AfD praktiziert, scheitert aber bislang daran, dass andere Parteien ihre "Delegtimierungsstrategie" mittragen. Wichtig ist nach wie vor die Debatte in der Antifa-Bewegung darüber, ob und wie sie anschlussfähig an die Gesellschaft sein will, ob und mit wem Bündnisarbeit gewünscht ist. Meiner Meinung nach muss in der Öffentlichkeit viel klarer formuliert werden, dass Antifaschismus nicht per se gewaltaffin ist, dabei unter diesem Kürzel nur dieser Gewaltaspekt subsumiert wird, wobei viele (semi)professionell arbeitende Fachjournalist*innen für Internetseiten und soziale Medien texten, Archive, Vereine und NGO's extrem rechte Aktivitäten aufdecken, aufklären und mithelfen, dass diskriminierende und ausgrenzende Denkmuster und Einstellungen wie Nationalismus, Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit bekämpft werden, denn: Faschismus und Rassismus ist das Problem!