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Kein Einzelfall - Der Mord an Patrick Thürmer

Kein Einzelfall - Der Mord an Patrick Thürmer
Kein Einzelfall - Der Mord an Patrick Thürmer

Kein Einzelfall - Der Mord an Patrick Thürmer
52 DIN-A-4 Seiten
jan.sobe@t-online.de
In Kooperation mit Jan vom Proud to be Punk-Fanzine, dem „Bündnis Chemnitz Nazifrei“ und „Bon Courage e.V.“ ist diese Broschüre im Zusammenhang mit einer Gedenkdemonstration und einer anschließenden Arbeitsgruppe entstanden.

Hintergrund:

Der 17-jährige Patrick Thürmer befand sich in der Nacht vom 01. auf den 02. Oktober 1999 zusammen mit einem Freund auf dem Heimweg von einem Punk-Konzert, das im sächsischen Hohenstein-Ernstthal stattgefunden hat, als sie plötzlich aus einem Kleinbus heraus von drei Neonazis überfallen worden sind. Patrick wurde hierbei so schwer verletzt, dass er am Vormittag des 02. Oktobers 1999 im Krankenhaus verstorben ist. Diesem Überfall waren zuvor bereits schwere Angriffe dutzender Neonazis auf besagtes Konzert und seine Besucher*innen vorausgegangen. Patrick Thürmer starb „stellvertretend für jene Linken“, die an dem Angriff auf die Diskothek beteiligt gewesen seien, stellt das Landgericht Chemnitz später im Prozess gegen die drei angeklagten Totschläger im Alter von 21 bis 24 Jahren im September 2000 fest.

Gesamteindruck:

Aufgrund der breit gefächerten Informationsquellen ist den Kooperationspartner*innen gelungen, ein umfassendes Bild der Ereignisse zu rekonstruieren. Die Broschüre soll ein Beitrag sein, die Einnerungspolitik weiterer Opfer rechter Gewalt zu dokumentieren und zu verdeutlichen, dass „rechtes Gedankengut in Ausgrenzung, Gewalt und Mord gipfelt(...)". Erst 2012 wurde Patrick Thürmer als Todesopfer rechter Gewalt offiziell anerkannt. Weiter hier namentlich aufgeführte Opfer rechter Gewalt in Sachsen sind indes nicht staatlich anerkannte Opfer rechter Gewalt. Umso wichtiger, diese im Zusammenhang rechter, rassistischer und antisemitischer Angriffe in Erinnerung zu halten. Die Broschüre arbeitet nicht nur die Ereignisse auf, sondern lässt auch Raum für die Aufarbeitung der Familie und das Versagen der Stadt Hohenstein-Ernstthal im Umgang mit dem Mord und einer verantwortungsbewussten Erinnerungspolitik inform einer Gedenktafel o.ä. So obliegt es der antifaschistischen, antirassistischen Bündnisarbeit, nicht nur an Patrick sondern generell an Menschen zu erinnern, die durch rechte Täter*innen in Sachsen ermordet worden sind und Gedenkdemonstrationen und -veranstaltungen o.ä. zu organisieren. Denn: „Die Toten mahnen uns!“

Warum antifaschistische Erinnerungspolitik wichtig ist:

Formen des Vergessens haben gemeinsam, dass sie bewusst oder unbewusst als Strategie dienen, um ein positives kollektives Selbstbild aufrecht zu erhalten oder schmerzhafte und beschämende Erfahrungen von sich fernzuhalten. Was Gegenstand der Kritik, Empörung oder Trauer sein würde, kann dadurch aus der Wahrnehmung und dem Bewusstsein ausgegrenzt werden, sodass blinde Flecke im kollektiven Gedächtnis entstehen. Eine öffentliche Erinnerungspolitik produziert Resonanz in Form von Empathie und Anerkennung. Empathische Anteilnahme entsteht, indem die erzählten Geschichten gehört und sich diesen geöffnet wird. In dem empathischen Einfühlen wird an dem Schicksal der Opfer Anteil genommen, sodass eine Verbindung mit fremden Menschen geschaffen wird. Das gelingt durch diese Broschüre. Das gelingt durch Gedenktafeln, -veranstaltungen, -demonstrationen oder durch Umbenennung einer Straße und eine enge Zusammenarbeit mit den Familien. Über das Gedenken hinaus dient Erinnerungsarbeit der weiteren Auseinandersetzung, Aufklärung und Prävention. Dazu gehört die fortwährende Thematisierung von Rassismus und die Sichtbarkeit der Opfer.